Anzeige
Der Protest gegen die finanzielle Benachteiligung freier Schulen in der niedersächsischen Landespolitik ist bis nach Hannover geschwappt. Zwei Jahrgänge der bischöflichen Cäcilienschule aus Wilhelmshaven haben vor und im Landtag demonstriert – stellvertretend für die zehn kirchlichen Schulen im oldenburgischen Teil des Bistums Münster, die mehr als 6.000 Schülerinnen und Schüler besuchen. Landesweit gibt es 150 freie Schulen in Niedersachsen.
Den Hintergrund des Protests erklärt Uwe Kathmann, Vorstand der bischöflichen Schulstiftung in Vechta, so: „Der Finanzminister hat keine Vorstellung, was er pro Schüler im Jahr genau an Geld ausgibt.“ Wenn der das wüsste und es bekannt gebe, dann könnten die freien Schulen einen „angemessenen Anteil“ davon für sich fordern. Es fehle also zunächst an „Transparenz“, sagt Kathmann.
Land deckt längst nicht alle Kosten
Uwe Kathmann ist Vorstand der bischöflichen Schulstiftung St. Benedikt in Vechta. | Foto: BMO
Zurzeit sei es deshalb mit der staatlichen Finanzierung der freien Schulen nicht weit her. Nach Kathmanns Angaben deckt der Finanzzuschuss des Landes für die bischöflichen Schulen etwa drei Viertel der Personalkosten für Lehrer – mehr nicht. Kein Geld für Gebäudekosten, kein Geld für Sachkosten, kein Geld für technisches Personal, kaum Geld für Sozialarbeit. Für die Schulen ein Problem. Und der Grund, warum die bischöflichen Schulen Schulgeld verlangen, zurzeit meist 60 Euro im Monat.
Gedeckt sind die Kosten damit nicht. Die Schulen suchen auch anderswo Geldgeber, etwa bei örtlichen Kommunen. Am Ende deckt die Kirche dann das Defizit: Aus dem Haushalt des Offizialatsbezirks flossen im Vorjahr gut 8,5 Millionen Euro aus Kirchensteuermitteln an die bischöflichen Schulen, rechnet Kathmann vor.
Freie Schulen in Niedersachsen fordern Kassensturz
Jugendliche der Cäcilienschule Wilhelmshaven im Gespräch mit dem Kultusausschuss im Landtag Hannover. | Foto: Ludger Heuer (Schulstiftung St. Benedikt)
Die Forderung der freien Schulen sei deshalb: Erst einmal eine genaue „Vollkostenrechnung“ pro Schüler, wie sie in anderen Bundesländern schon bekannt sei. Dort seien alle verstreuten Aufwendungen zusammengefasst, mit dieser Größe lasse sich arbeiten. Und einfacher über Zuschüsse verhandeln.
Zurzeit aber greifen in Niedersachsen Gesetze und Verordnungen, die viele neue Entwicklungen gar nicht berücksichtigten. Mit der Folge, dass freie Schulen immer wieder verwirrend viele Anträge stellen müssen für viele verschiedene Programme. Ob und wie die bewilligt werden, ist wohl nicht immer klar.
Gleichberechtigung gefordert
Das Anliegen der freien Schulen sei ganz einfach, sagt Kathmann: „Gleichberechtigung mit den öffentlichen Schulen.“ Die aber werde zu leicht Opfer von Finanznot in den Landeskassen, sagt Kathmann. Für ihn ist die „offensichtliche Ungleichbehandlung“ Folge eines „bewussten Versuchs, auf Kosten unserer Schulen zu sparen“.
Die Schulen verstärken nicht umsonst gerade jetzt ihren Protest. Am 9. Oktober sind in Niedersachsen Landtagswahlen, Politiker sind zurzeit also besonders gut ansprechbar. Im Kultusausschuss des Landtags zeigten sie jedenfalls großes Verständnis für die demonstrierenden Schülerinnen und Schüler.
Bischöfliche Schulen im Oldenburger Land und ihre Grundlagen
Die bischöflichen Schulen im Oldenburger Land arbeiten in einem genauen rechtlichen Rahmen, den Grundgesetz und Landesgesetze ziehen.
Danach sind die katholischen Schulen in freier Trägerschaft staatlich anerkannte Ersatzschulen und öffentlichen Schulen gleichwertig. Ihre Zeugnisse haben den gleichen Wert wie die der öffentlichen Schulen. Lehr- und Lernziele kann der Schulträger selbständig festlegen, solange sie den Standard der öffentlichen Schulen erreichen. Wie sie sich organisieren, wie sie lehren und erziehen – da dürfen freie Schulen anders sein. Sie dürfen auch die Lehrbücher selbst auswählen.
Das Recht von Eltern und Schülern, freie katholische Schulen zu wählen, ist im Grundgesetz ausdrücklich gesichert. Die Schulen dürfen sich auch ihre Schülerschaft frei aussuchen, sie also an bestimmte Bedingungen knüpfen. Nur eines ist ausgeschlossen: die Auswahl nach Einkommen und Vermögen der Eltern. Die verbietet das Grundgesetz ausdrücklich.