Welt-Frühgeborenen-Tag am 17. November

Seelsorgerin auf der Frühchen-Station – was Schwester Paula erlebt

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Im Durchschnitt kommen jede Woche 46 Neugeborene in der Coesfelder Christophorus-Klinik zur Welt – 2.400 Geburten jedes Jahr. Kommt das Kind vor der 36. Schwangerschaftswoche, spricht man offiziell von einem Frühgeborenen. Schwester Maria Paula Wessel erzählt, welche Emotionen sie mit einer Geburt verbindet und wie sie in der Seelsorge arbeitet.

„In unserem Perinatal-Zentrum haben wir einen Operationssaal direkt neben dem Kreißsaal, sodass man im Notfall kurze Wege hat. Außerdem verfügen wir über eine Kinderklinik und Kinderintensivstation. So haben wir in der Coesfelder Christophorus-Klinik die Möglichkeit, uns um extrem frühgeborene Kinder wie in der 23. Schwangerschaftswoche zu kümmern. Das ist die Grenze, ab der eine Lebensfähigkeit angenommen wird“, sagt Schwester Paula. Als Pastoralreferentin und Seelsorgerin betreut sie die Eltern und Angehörigen von Neugeborenen seit 20 Jahren in Coesfeld.

„Es ist für mich immer wieder ein Wunder, wenn ein kleiner Mensch auf die Welt kommt. Ein jeder hat bereits eine ihm eigene Individualität, die es zu entdecken gilt. Wenn man an den Inkubatoren vor den Neugeborenen steht, sieht jedes Kind nicht nur anders aus, sondern hat auch eine andere Mimik und bewegt sich individuell.“

Trauerausbildung bereitet auf den schlimmsten Fall vor

Schwester Paula Wessel
Schwester Maria Paula Wessel | Foto: Christophorus Kliniken

Doch nicht jedes Neugeborene überlebt. Je früher ein Kind geboren wird, desto geringer die Wahrscheinlichkeit, dass es die ersten sieben Tage überlebt. Während ein Frühgeborenes, das in der 27. Schwangerschaftswoche zur Welt kommt, eine Überlebenschance von 95 Prozent hat, überlebt nur jedes zweite Frühchen aus der 23. Schwangerschaftswoche die erste Woche nach der Geburt. Seelsorgerinnen werden auch auf diese Fälle vorbereitet.

„Am Anfang habe ich – das klingt jetzt schon ein wenig traurig und auch erschreckend – eine große Trauerausbildung als Pastoralreferentin absolviert. Später habe ich an einem Kurs für die psychosoziale Beratung teilgenommen.“ Doch damit war für Schwester Paula noch nicht Schluss: „Neben der Zusammenarbeit mit Beratungsstellen für Schwangere haben wir auch eine Reihe von Fortbildungen im Haus. Bei den Übergaben auf der Station bin ich auch dabei. Ich lerne von den Krankenschwestern, den Ärzten und den Hebammen – und sie auch von mir, zum Beispiel wie ich mit den werdenden Eltern rede.“

Es ist wichtig für Schwester Paula, dass sie früh Kontakt mit der schwangeren Frau hat. Denn in kritischen Situationen muss sie sofort zur Stelle sein. Lange Einweisungen haben keine Zeit, wenn sie während der Rufbereitschaft mitten in der Nacht kontaktiert wird. „Dann stehe ich den Eltern zur Seite und bin für sie da.“

Bunter Kreis Münsterland ist wichtige Stütze

An ein Aufgeben hat sie trotz der Anstrengungen nie gedacht. „Mit jedem Menschen kommt etwas in die Welt, was es nie vorher gab und nie wieder geben wird“, sagt Schwester Paula nach einem Zitat des österreichisch-israelischen Religionsphilosophen Martin Buber: „Diese Einmaligkeit des Menschen ist ein zutiefst christlicher Ansatz und trägt mich.“

Ganz allein hat Schwester Paula die Seelsorge jedoch nicht zu stemmen: Unterstützung erfährt sie vom Bunten Kreis Münsterland. „Dank dieser Initiative bleiben Eltern mit ihren Zweifeln, Unsicherheiten und Ängsten nicht allein. Sie tragen das Thema Frühgeborene in die Öffentlichkeit und schaffen ein Bewusstsein dafür, was es heißt, über einen Zeitraum von mehreren Wochen oder sogar Monaten in ein Krankenhaus zur Intensivstation zu fahren, um das eigene Kind zu sehen.“

Der Welt-Frühgeborenen-Tag am 17. November möchte auf diese Schicksale aufmerksam machen. Die Eltern von Kindern auf der Intensivstation im Coesfelder Krankenhaus erhalten in diesem Jahr ein Präsent, das zeigen soll: Ihr seid nicht allein.

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