Chefredakteurin Annette Saal zur Haltung des Jammerns

Die Kirche braucht Selbsterkenntnis statt Selbstmitleid!

Anzeige

Annette Schavan hat den Kirchen gehörig die Leviten gelesen. Selbsterkenntnis statt Jammern über andere sei angebracht, meint die frühere deutsche Vatikan-Botschafterin. Auch Chefredakteurin Annette Saal erteilt kirchlichem Selbstmitleid eine deutliche Absage - besonders angesichts aktueller Vorwürfe. Sie meint: Christen an der Basis vermitteln oft ein besseres Bild von Kirche als die Institution.

Die frühere deutsche Vatikan-Botschafterin Annette Schavan hat den Kirchen vorgeworfen, sich in Krisen zu passiv zu verhalten. Schonungslos hat sie den Kardinalfehler benannt, der bei vielen zur Abkehr von der Institution Kirche führt: die Haltung, sich in der Krise nicht selber infrage zu stellen, sondern immer nur den anderen als Problem zu sehen.

Mit ihrem resoluten Vorstoß hat Schavan den richtigen Ton getroffen. Das Jammern müsse ein Ende haben, fordert sie. Ebenso der ewige Blick auf die anderen, statt Unzulänglichkeiten bei sich selbst aufzuspüren und abzustellen.

 

Selbsterkenntnis statt Selbstmitleid

 

Damit hat sie Recht. Denn wenn die Kirche sich weiterhin als Moralinstanz präsentiert, die kopfschüttelnd zusieht, wie immer mehr weglaufen, ist eine weitere Talfahrt absehbar. Denn die Menschen wollen nicht von einer Ins­titution, die sich noch immer schwer tut, eigene Fehler einzugestehen, gesagt bekommen, was sie dürfen und was nicht.

Statt Selbstmitleid wäre also Selbsterkenntnis angebracht. Aktuelle Aufgabenfelder gibt es genug: So haben Gläubige während der Corona-Krise die Kirche als viel zu passiv wahrgenommen. Und erst kürzlich wurde bekannt, dass hochrangige Kirchenvertreter wie die Kardinäle Lehmann und Volk auf Missbrauchsfälle in ihrem Bistum Mainz oft nur mit Versetzungen in eine andere Pfarrei reagiert haben.

 

Was die Engagierten der Institution zeigen

 

Die Menschen an der Basis, in den Gemeinden, vermitteln dagegen oft ein mitreißendes Bild von Kirche. In der ers­ten Welle der Corona-Pandemie haben sie nicht lange gefragt – geschweige denn gejammert. Sie haben vieles selbst in die Hand genommen und sich kreativ auf neue Anforderungen eingelassen. Wer erinnert sich nicht an die fast flächendeckenden Einkaufshilfen und Masken-Nähaktionen? Und schon jetzt denken die Christen an der Basis daran, wie Advent und Weihnachten unter Pandemie-Voraussetzungen gestaltet werden können.

Es scheint, als würden die Engagierten in den Gemeinden der Institution Kirche zeigen, wie mit Krisen umzugehen ist. Jammern hilft jedenfalls niemandem.

Anzeige