Anwalt sagt, bei ihm hätten sich inzwischen 300 Menschen gemeldet

Sieben Missbrauchs-Betroffene wollen Bistum Aachen verklagen

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Das Urteil, wonach das Erzbistum Köln einem Missbrauchs-Betroffenen 300.000 Euro zahlen muss, löst offenbar weitere Klagen aus. Dem Bistum Aachen drohen mindestens sieben.

Dem Bistum Aachen drohen mehrere Schmerzensgeldklagen von Missbrauchs-Betroffenen. Seine Kanzlei bereite sechs Klagen vor, bestätigte der Bonner Anwalt Hans-Walter Wegmann einen Bericht der "Aachener Zeitung".

Wegmann hatte mit seinem Kollegen Eberhard Luetjohann auch Georg Menne vertreten. Das Landgericht Köln stellte in seinem Fall eine Pflicht des Erzbistums zur Amtshaftung fest und sprach Menne 300.000 Euro zu. Damit billigte erstmals ein deutsches Gericht einem Opfer sexualisierter Gewalt in der Kirche einen Anspruch auf Schmerzensgeld zu. Die Kirche hatte Menne zuvor 25.000 Euro in Anerkennung des Leids gezahlt.

Reaktion des Bistums

In einem der sechs Aachener Fälle versuchte Luetjohann laut Zeitung vergeblich, mit Bischof Helmut Dieser eine außergerichtliche Einigung zu erzielen. Dabei geht es um eine Frau, die Mitte der 1980er Jahre von einem heute noch lebenden Pfarrer missbraucht worden sein soll und 500.000 Euro Schmerzensgeld fordert.

Eine Sprecherin des Bistums Aachen sagte, jedem Betroffenen stehe der Klageweg offen. Ansonsten unterstütze die Diözese das kirchliche System freiwilliger Zahlungen in Anerkennung des Leids und gehe davon aus, dass die von der Deutschen Bischofskonferenz eingesetzte Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA) künftig bei der Festsetzung der Zahlungen das Kölner Urteil berücksichtige.

Der siebte Fall

Wegmann sagte der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), täglich meldeten sich in seiner Kanzlei in der Kirche missbrauchte Menschen. Inzwischen seien es mehr als 300 Fälle.

Ein anderer Anwalt aus Jülich verlangt für seinen Mandanten 600.000 Euro vom Bistum Aachen. Auch er plant, gerichtliche Schritte einzuleiten, sagte er der KNA. Eine Frist des Anwalts zur Zahlung ist verstrichen. Nachfragen von "Kirche-und-Leben.de" legen nahe, dass die UKA noch nicht entschieden hat.

UKA erwartet höhere Zahlungen

Bisher hat der Mandant von der Kirche 80.000 Euro erhalten. Er soll zwischen 1972 und 1980 mehrere hundert Male vergewaltigt und missbraucht worden sein.

Nach dem Kölner Urteil hatte die UKA höhere Zahlungen an Betroffene angekündigt. Die dem Verfahren zugrundeliegende Ordnung gebiete es, die Anerkennungsleistungen im oberen Bereich der durch staatliche Gerichte in vergleichbaren Fällen zuerkannten Schmerzensgelder zu orientieren, hieß es. Das Kölner Urteil falle zweifellos unter diese Kategorie.

Der Sprecher des Betroffenenbeirats bei der Deutschen Bischofskonferenz, Johannes Norpoth, hatte im Interview mit „Kirche-und-Leben.de“ betont, die Bischöfe müssten das Verfahren und die Höhe der Leistungen anpassen. Es sei zu hoffen, dass die Bischöfe es „nicht auf eine Klagewelle“ vor staatlichen Gerichten ankommen lassen würden.

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