Nach Kölner Schmerzensgeld-Urteil: Anwalt schreibt an Kommission

Betroffener fordert 600.000 Euro vom Bistum Aachen nach Missbrauch

  • Nach dem Kölner Schmerzensgeldurteil zu sexualisierter Gewalt in der katholischen Kirche fordert nun ein Missbrauchsbetroffener 600.000 Euro vom Bistum Aachen.
  • Der 59-jährige soll als Kind von einem Pfarrer und weiteren Kirchenmitarbeitern missbraucht worden sein; dafür hat er vom Bistum 80.000 Euro erhalten.
  • Für die Zahlung der 600.000 Euro hat der Anwalt eine Frist bis 18. August gesetzt.

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Nach dem Kölner Schmerzensgeldurteil zu sexualisierter Gewalt in der katholischen Kirche fordert nun ein Missbrauchsbetroffener 600.000 Euro vom Bistum Aachen. Der 59-jährige soll als Kind von einem Pfarrer und weiteren Kirchenmitarbeitern im Kreis Düren mehrere Jahre lang missbraucht worden sein.

Dafür hat er vom Bistum 80.000 Euro in Anerkennung des Leids erhalten. Dieser Betrag sei "keine angemessene Zahlung", heißt es in einem Schreiben des Anwalts des Betroffenen, das der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) vorliegt. Zuerst hatte die "Aachener Zeitung" berichtet.

Auch künftige Schäden ersetzen

Neben der sechsstelligen Summe fordert der Anwalt vom Bistum auch, alle künftigen materiellen Schäden zu ersetzen, die aus den mutmaßlichen Taten entstehen - also etwa die Kosten für Psychotherapie. Das Schreiben ist an die Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA) gerichtet, die bundesweit über die Höhe der freiwilligen Zahlungen katholischer Bistümer an Betroffene entscheidet.

Die Höhe der zuerkannten Beträge orientiert sich laut UKA "am oberen Bereich der durch staatliche Gerichte in vergleichbaren Fällen zugesprochenen Schmerzensgelder". Sie lag bislang meist unter 50.000 Euro, in Einzelfällen höher.

Hunderte Male missbraucht

Im Juni hatte das Landgericht Köln das Erzbistum Köln verurteilt, 300.000 Euro an einen Betroffenen zu zahlen. Das Gericht stellte eine Pflicht des Erzbistums zur sogenannten Amtshaftung fest. Das Urteil wurde vergangene Woche rechtskräftig.

Der 59-Jährige ist nach Darstellung seines Anwalts zwischen 1972 und 1980 mehrere hundert Male vergewaltigt und missbraucht worden. Er leide unter posttraumatischen Belastungsstörungen und sei seit 1994 in psychologischer und psychiatrischer Behandlung, die er teils selbst finanziere.

Frist bis 18. August

Seit 2012 könne er seinen Beruf nicht mehr ausüben und beziehe eine Erwerbsminderungsrente. An eine Rückkehr ins Arbeitsleben sei nicht zu denken. Der Anwalt beruft sich unter anderem auf das Kölner Urteil - wobei der dortige Geschädigte nicht in seinem beruflichen Leben beeinträchtigt sei.

Für die Zahlung der 600.000 Euro hat der Anwalt eine Frist bis 18. August gesetzt. Die bislang gezahlten 80.000 Euro könnten abgezogen werden.

Klagen gegen weitere Bistümer

Eine Sprecherin des Bistums Aachen sagte der KNA, über den Umgang mit der Forderung müsse die UKA entscheiden. Das Bistum halte weiter an dem entsprechenden Verfahren fest. Es sei damit zu rechnen, dass es nach dem Kölner Urteil weiterentwickelt werde.

Der Richterspruch könnte den Weg ebnen für weitere Klagen gegen die 27 deutschen Bistümer. Der Sprecher des Betroffenenbeirats bei der Deutschen Bischofskonferenz, Johannes Norpoth, hatte zu "Kirche-und-Leben.de" gesagt, nur die Bischöfe könnten eine Klagewelle abwenden.

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