Aktion der Hildegardisschule Münster

So will eine katholische Berufsschule neue Pflege-Azubis gewinnen

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Der Pflegenotstand hat längst ein dramatisches Ausmaß erreicht. Eine katholische Schule will junge Menschen für die Pflege begeistern, und geht mit gutem Beispiel voran.

Eigentlich kann sie nicht mehr alleine essen. Die ältere Dame leidet an Demenz, Mari Suppert muss ihr im Speisesaal des Johanniter-Stifts in Münster das Essen anreichen. „Wenn sie dann plötzlich selbst zur Gabel greift, weil sie weiß, dass ich da bin und helfen kann, ist das ein unglaubliches Gefühl.“ Die 22-jährige angehende Pflegefachkraft berichtete in der Aula der Hildegardisschule rund 100 Schülerinnen und Schülern aus ihrem Alltag in der Pflege. Authentisch und unverblümt erklärt sie, weshalb die Arbeit in der Senioreneinrichtung für sie „der tollste Beruf überhaupt“ ist, wie die Bischöfliche Pressestelle berichtet.

Mari Suppert, Joy-Samuel Schmed, Mostafa Othman und Niko Kefealas sind auf Einladung der Domfreunde, der Initiative „Starke Pflege Münster“ und der Palliativstation im Herz-Jesu-Krankenhaus in das bischöfliche Berufskolleg gekommen. Die Einrichtungen verbindet das Gemeinschaftsprojekt „Starke Pflege – Starke Typen“ aus dem vergangenen Jahr, das zusammen mit Norbert Nientiedt verwirklicht wurde: Der frühere Lehrer und Schulseelsorger, der 40 Jahre lang an der Hildegardisschule tätig war, hat für das Buch „Menschen pflegen, das ist meins!“ Personen aus Pflegeberufen zu Wort kommen lassen.

Werbung gegen den Pflegenotstand

„Wir sprechen viel zu oft über Menschen in der Pflege, viel zu selten lassen wir sie aber selbst zu Wort kommen“, kritisiert er. Dem Autor ist es ein Herzensanliegen, junge Pflegekräfte mit Schülerinnen und Schülern zusammenzubringen. „Von einem solchen Austausch wie hier in der Hildegardisschule können sie mehr mitnehmen als von zehn TV-Talkshows zu dem Thema“, ist Nientiedt überzeugt.

Auch Schulleiter Peter Garmann ist es wichtig, für den Pflegeberuf zu werben. „Als katholische Schule nehmen wir gesamtgesellschaftlichen Aufgaben ernst und möchten dem Pflegenotstand entgegenwirken, indem wir junge Menschen an den Pflegeberuf heranführen und sie dafür begeistern“, sagt er.

Junge Pflegekräfte berichten aus dem Alltag

Joy-Samuel Schmed arbeitet in der „Jungen Pflege“ der Alexianer mit pflegebedürftigen Menschen zwischen 18 und 30 Jahren. Der Pflegemangel sei an vielen Stellen spürbar und sorge mitunter auch für mehr Arbeit, „aber ich bekomme jeden Tag so viel zurück – sei es ein Lächeln, ein Lob oder ein Danke dafür, dass ich da bin – das ist meine große Motivation“, schildert der 30-Jährige den Jugendlichen.

16 Patientinnen und Patienten besucht Niko Kefealas, der in der ambulanten Pflege im Klarastift arbeitet, täglich. Nach einer Ausbildung im kaufmännischen Bereich sei ihm beim anschließenden Freiwilligen Sozialen Jahr im Klarastift seine Berufung deutlich geworden: „Ich arbeite total gerne mit Menschen. Die Arbeit und der Kontakt erfüllt mich sehr“, berichtete der 26-Jährige.

Der Pflege verschrieben

Und auch Mostafa Othman erzählte seine Geschichte: Der gebürtige Syrer musste aus seinem Heimatland, in dem Menschen, die in der Pflege arbeiten, kein hohes Ansehen genießen, fliehen. Auf seiner Flucht über die Türkei nach Griechenland machte er schlimme Erfahrungen, schaffte aber – in Deutschland angekommen – dank Fleiß und einem großen Willen den erweiterten Hauptschulabschluss. Heute hat er sich der Pflege verschrieben: „Besonders mit schwer traumatisierten und depressiven Menschen arbeite ich gerne, weil sie mich an Syrien erinnern“, sagt der Auszubildende in Nientiedts Buch. Nachdem er in der Psychiatrie im Alexianer-Campus gearbeitet hat, ist Mostafa Othman heute auf einer onkologischen Station im Clemenshospital.

In der Pflege tätig zu sein, das können sich Paulina und Lena durchaus vorstellen – und sind dankbar für die intensiven Einblicke durch die jungen Pflegekräfte. „Ich habe mir die ambulante Pflege zum Beispiel ganz anders vorgestellt“, hat die 17-jährige Schülerin einiges Neues gelernt. „Es ist wichtig, dass weiter über das Thema gesprochen wird, damit das Image besser wird und junge Menschen den Beruf gerne lernen“, ist die 17-jährige Paulina überzeugt.

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