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Kaum jemand redet mit Kindern, wenn es Tod und Trauer geht. Das ist die Erfahrung einer Theologin aus Vechta. Wie man das im Religionsunterricht der Grundschule schafft, hat sie in einem neuen Konzept erklärt. Und ungewöhnlich vorgestellt.
Eileen Küthe bewirft sich mit Mehl. T-Shirt und Hose sind weiß. Nicht überall, denn immerhin trägt sie eine Schürze. So schnell wird das aber nicht mehr herausgehen.
Eileen Küthe nimmt Eier in die Hand, lässt sie plötzlich fallen. Sie zerplatzen mit lautem Knall. Das Publikum zuckt zusammen, schaut irritiert.
Ernstes Thema flott vorgestellt
Was treibt die junge Wissenschaftlerin aus Vechta dazu, bei einem so ernsten Thema wie Trauer bei Kindern mit solchen Aktionen aufzutreten? Und das vor einer seriösen Jury? Eine Jury, die an diesem Tag einen Preis für „Wissenschaftskommunikation“ vergeben wird?
Die 27-jährige Theologin der Universität Vechta hat mit ihrem Auftritt, den sie augenzwinkernd „Koch-Show“ nennt, Erfolg. Sie gewinnt den mit 1.000 Euro dotierten Publikumspreis. Die Landessparkasse für Oldenburg (LZO) hat ihn für Wissenschaftler ausgelobt, die ihre Forschungsergebnisse verständlich für ein breites Publikum darstellen können.
Grundschulkinder sind ihr Publikum
Buch-Tipp
Eileen Küthe: Der Umgang mit Tod und Trauer in der Grundschule. Die Entwicklung eines kindgerechten Trauerkonzepts mit christlicher Auslegung.
87 Seiten, 29,80 Euro
LIT-Verlag Münster
ISBN 978-3-643-14561-1
Bei Eileen Küthe sind eigentlich Grundschulkinder das Publikum. Die 27-Jährige hat an der Universität Vechta für das Lehramt an Grundschulen studiert, zurzeit schreibt sie an ihrer Doktorarbeit. Ihre Magisterarbeit hat sie geschrieben über den „Umgang mit Tod und Trauer in der Grundschule“.
Das Thema ist ihr besonders wichtig. „Trauer bei Kindern – das ist meine Herzenssache. Weil so viel Hoffnung darin steckt. Und ich mag es, wenn man Menschen Hoffnung mitgeben kann.“
Eine „Koch-Show“ hilft zu verstehen
Deshalb hat sie sich in ihrer wissenschaftlichen Arbeit auch so intensiv damit beschäftigt. So intensiv, dass sie ihre Ergebnisse sogar in einer „Koch-Show“ vorstellen konnte.
Eier zerplatzen mit lautem Knall – für Eileen Küthe ein Zeichen, wie plötzlich und einschneidend Trauer in das Leben von Menschen dringt.
Mehlstaub auf der Kleidung – für Eileen Küthe ein Zeichen, wie Trauer den ganzen Menschen trifft, wie sie haften bleibt. „Sie lässt sich nicht einfach abschütteln.“
Trauer kann man nicht ablegen
Die Schürze vor der Kleidung: Für Eileen Küthe ein Zeichen, dass man sich gegen Trauer in Gedanken einen Schutzschild aufbauen kann. „Aber wie die Schürze muss man den irgendwann ablegen – Trauer lässt sich nicht verdrängen.“
Aktionen, die sie auch im Unterricht bei Grundschulkindern verwenden würde? Sie wehrt ab. Da werde sie „natürlich kindgerechter und sensibler“ vorgehen. Der Grund? „Kinder sind oft verängstigt bei diesem Thema.“
Zu viel Schweigen rund um die Trauer
Und daran tragen vor allem die Erwachsenen Schuld, sagt Eileen Küthe. Weil sie am liebsten gar nicht über Trauer und Tod sprechen oder nur sehr kurz im Privaten. „Trauernde werden oft wie Aussätzige behandelt“, sagt die Wissenschaftlerin. „Alle halten Abstand, manchmal erleben sie nur Schweigen in ihrem Umfeld.“
Und das habe Folgen für die Kinder. Denn auf ihre Fragen gebe ihnen niemand Antwort. Oder die falschen.
Küthe: Kirche hat Antworten, die Kindern helfen
Eileen Küthe ist angehende Religionslehrerin. Sie glaubt, gerade die Kirche habe bei Trauer und Tod die Antworten, die Kindern helfen. Nämlich die christliche Botschaft, dass das Leben mit dem Tod nicht zu Ende ist. Dass der Tote nun in einer neuen, besseren Welt sei, helfe Kindern sehr. „Hoffnung kann man Kindern gut vermitteln.“
Im Alltag seien Lehrkräfte in Grundschulen bei einem plötzlichen Todesfall jedoch oft überfordert, so hat Eileen Küthe herausgefunden. Aber auf solche Situationen könne man sich vorbereiten. Eben dafür hat die Wissenschaftlerin in ihrer Magisterarbeit nun ein Konzept gerade für Grundschulen entwickelt. Das von der Universitätsgesellschaft Vechta und dem Bischöflich Münsterschen Offizialat Vechta ausgezeichnet wurde.
Denn ihre praktische Erfahrung zeige: „Kinder wollen unbedingt über Tod und Trauer sprechen.“ Gerade bei diesem Thema hätten sie so viele Fragen, könnten sie in der Gesellschaft heute jedoch oft nicht stellen. Und das finde sie „ganz schlimm.“