Sommerserie: Glaube zu Fuß – Pilgerwege im Bistum Münster (6)

Von Coesfeld nach Tilbeck: Auf den Spuren des Bistumsgründers Liudger

Auf den Spuren des Bistumgründers – der Ludgerusweg durch die Baumberge. | Video: Meike Hans

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In Coesfeld vor der wunderschönen St.-Lamberti-Kirche mitten auf dem Marktplatz beginnt meine Pilgerwanderung. Noch bestaune ich das imposante Kirchengebäude. Wenige Minuten später mache ich mich auf dieselbe 30 Kilometer lange Strecke, die einst der Bistumsgründer und Namensgeber des Pilgerwegs beschritten hat.

Der heilige Liudger ist diesen Pfad schon vor 1214 Jahren gegangen. Am 25. März 809 sollte es jedoch der letzte Weg in seinem Leben sein, denn damals war er bereits stark erkrankt und starb in Billerbeck am da­rauffolgenden Morgen an der Stelle, an der heute der Ludgerus-Dom steht.

Von Coesfeld über Billerbeck bis Tilbeck

Der Ludgerusweg verläuft von Coesfeld über Billerbeck bis Tilbeck. Die Informationstafeln entlang des Weges geben Auskunft über die Bedeutung der historischen Orte und Sehenswürdigkeiten. Zwischen dem Kloster Gerleve und Billerbeck sind zusätzlich Stelen, die an Ludgerus erinnern und Impulse geben.

Zu Beginn schlängelt sich der Weg durch Coesfeld. Das Treiben auf den Straßen lässt mich noch nicht die Pilgerwanderung genießen. Nach einer Weile weicht der gepflasterte Pfad einem festen, sandigen Untergrund. Häuser tauchen nur noch vereinzelt auf, und die Geräusche der Stadt verstummen langsam.

Aussicht über die Baumberge


Kirche-und-Leben.de-Sommerserie: Pilgerwege im Bistum Münster.

Das Rauschen des Windes, der leise durch Wiesen, Blätter und Geäst weht, wird der neue akustische Begleiter. Es wird grüner, um mich herum beginnt die Natur sich auszudehnen. Ich merke, wie ich meine Schritte entschleunige und achtsam Bäume, Blüten und Tiere betrachte.

Während ich meinen Gedanken nachhänge, tragen meine Beine mich von ganz allein weiter einen Hügel hinauf. Eben noch kam ich durch ein kleines Wäldchen, das mir an diesem warmen Sommernachmittag angenehmen Schatten und eine kühle Brise gespendet hat – nun in der prallen Sonne, umgeben von Feldern, habe ich den angenehmen Geruch von warmer Erde in der Nase. Der Anstieg, der mich etwas Mühe gekostet hat, wird belohnt mit einer kleinen Aussicht über die Baumberge.

In der Ferne taucht Billerbeck auf - oder?

Es sieht aus, als würde sich eine Art welliger Teppich aus Getreidefeldern, die von Straßen oder Baumreihen abgegrenzt werden, vor mir ausbreiten. In der Ferne kann ich Billerbeck erahnen – oder will ich es vielleicht erahnen? Nein, ich kann doch nicht schon nach der kurzen Strecke erschöpft sein.

Ich schaue auf meinen Pilgerroutenplaner von baumberge-touristik.de und versuche mich zu orientieren, um zu wissen, wie weit es noch nach Billerbeck ist und wann mir die ers­ten Sehenswürdigkeiten auf dem Weg begegnen.

Etappenziel Kloster Gerleve

Ein Etappenziel ist das Klos­ter Gerleve. Auf dem Weg dorthin komme ich an weiteren Wäldern, Wiesen und Feldern vorbei. Mein achtsamer Blick schweift durch die Natur – und so entdecke ich immer wieder hier und da Kleinigkeiten, die mich innehalten lassen, wie zum Beispiel eine einzige rote Mohnblume in einem Meer grüner Weizenhalme. Nicht umsonst ist der Ludgerus­-Pilgerweg mit dem Gütesiegel „Qualitätsweg Wanderbares Deutschland“ zertifiziert.

In weiter Ferne taucht plötzlich zwischen Baumwipfeln die Spitze eines großen Sandsteingebäudes auf, das im Sonnenlicht, umringt von dem Grün der Bäume, hellbeige hervorsticht. Ein kurzer Blick auf meine Karte gibt mir die Gewissheit, dass dies das Kloster Gerleve sein muss.

Ludgerusweg ist Stück für Stück wanderbar

Dort angekommen, informiert mich eine Stele in der Nähe der Parkplatzeinfahrt darüber, wie der heilige Liudger die Liebe zum Lesen entdeckt hat. Über einen QR-Code kann man einem Erzähler zuhören, der sich als „Ludgerus“ vorstellt und einlädt, diesen Weg gemeinsam mit ihm zu gehen. Dort zu stehen und der Stimme zu lauschen, lässt mich diesen Ort anders betrachten. Ich tauche tiefer in die Geschichte ein und gehe weiter, vorbei an dem Biergarten des Klosters und der Schafweide, den Coesfelder Berg hoch zur Ludgerirast.

Damals, als der heilige Liudger diesen Weg ging, machte er an der Stelle eine Pause und soll hier das Münsterland gesegnet haben. Die Straße, die daran vorbei verläuft, lädt zwar nicht zum langen Verweilen ein, aber da ich nach dem Marsch nun eine Pause benötige, störe ich mich nicht weiter an den Motorgeräuschen.

Bevor ich mich setze, sehe ich eine weitere Stele und höre mir einen neuen Impuls des Sprechers an. Noch mit dessen letzten Worten im Ohr erahne ich plötzlich weit draußen die Kirchturmspitzen des Billerbecker Doms noch sind und sage mir, dass dies nun ein gutes Ende für den ersten Teil des Pilgerwegs ist. Ich beschließe, an einem anderen Tag wiederzukommen und begebe mich nach einer kurzen Pause auf meinen Rückweg. Mein Plan ist, für den zweiten Teil des Pilgerwegs mein Fahrrad zu nutzen.

Hintergrund zum Ludgerusweg:
Der „Baumberger Ludgerusweg“ erstreckt sich über 30 Kilometer von Coesfeld bis zum Stift Tilbeck im münsterländischen Naturraum. Wanderer begegnen auf dem Weg den historischen Spuren des Missionars Ludgerus, der hier wirkte. Die Strecke führt durch die malerische Landschaft der Baumberge. Der Weg eignet sich auch für ungeübte Wanderer und kann in Etappen gegangen werden. Die Nutzung von Bus- und Bahnverbindungen ermög­licht zusätzliche Entdeckungen entlang der Zugangswege. (mha)

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