Sommerserie: Glaube zu Fuß – Pilgerwege im Bistum Münster (4)

Von Warendorf nach Vinnenberg: Viel Grün, viele Bildstöcke, viele Pferde

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Es ist nur eine kurze Pilgerstrecke von Warendorf zum Kloster Vinnenberg. Die etwa zehn Kilometer aber reichen, um Ruhe zu finden. Nicht nur die Stille der Landschaft hilft dabei, auch das ruhige Schnauben der vielen Pferde.

Eigentlich beginnt der Weg erst ein, zwei Kilometer später – am Rand von Warendorf, wo die städtische Kulisse vom Grün der Wiesen und dem Gelb der Felder abgelöst wird. Ich beginne meinen Weg aber mitten im Ort. Das hat zwei Gründe. Zum einen ist die St.-Laurentius-Kirche ein hervorragender Startpunkt. Zum anderen lädt der historische Marktplatz im Schatten des Kirchturms noch einmal zu einer stärkenden Tasse Kaffee mit Blick auf die malerischen Giebelhäuser ein.

Die gotische Hallenkirche steht an dem Platz, an dem schon im achten Jahrhundert eine erste Missionskirche gebaut wurde. Hier existierte also eine der Urpfarreien des 805 gegründeten Bistums Münster. Mit einer gewissen Demut ob der langen Geschichte betrete ich deshalb das Gebäude durch das facettenreiche Westportal und werde von vielen eindrucksvollen Heiligen-Darstellungen und Malereien empfangen.

Im Licht der bunten Chorfens­ter finde ich den Weg zum wundertätigen Gnadenbild der „Glorreichen Jungfrau von Warendorf“ – jener aus dem 17. Jahrhundert stammenden Madonnen-Darstellung, bei der noch die Spuren eines Brandes im Jahr 2002 sichtbar sind.

Ein Rucksack voller Glaubensgeschichte

Mit einem ganzen Rucksack voller Glaubensgeschichte und Marienverehrung geht es also auf den Pilgerweg aus der Stadt. Die Strecke Richtung Norden hat eine lange Tradition. Seit Jahrhunderten sollen von hier Einzelpilger und Gruppen zum Kloster Vinnenberg aufgebrochen sein. So ganz genau lässt sich zunächst nicht festmachen, wo dieser Weg his­torisch herführte. Aber nach den Emsbrücken bietet sich der direkte Verlauf entlang der großen Ausfallstraße Dr.-Rau-Allee an.

Was zunächst urban-trist anmutet, entwickelt schon nach wenigen Gehminuten seinen Pilger-Charme. Direkt hinter dem Olympia-Stützpunkt der Bundeswehr öffnet sich ein Waldweg entlang der Hauptstraße. Zu Beginn laden mich die um ein großes Kreuz kreisförmig aufgestellten Stelen eines Kreuzwegs zur besinnlichen Pause ein. Der Trampelpfad zu ihnen ist zugewuchert, ich bahne mir meinen Weg.

Außerhalb von Warendorf wird es grün

Unsere kleine Pilgerwege-Sommerserie
Kirche-und-Leben.de-Sommerserie: Pilgerwege im Bistum Münster.

Das Ortsschild von Warendorf liegt bald hinter mir. Jetzt wird es grün und ländlich. Auch wenn nach einigen hundert Metern die Pilgerstrecke wieder näher an die Straße heranrückt, bleibt dieses Gefühl. Mir fällt auf, wie ruhig es ist. Der Autoverkehr hält sich in Grenzen, nur wenige landwirtschaftliche Gefährte rollen vorbei. Es ist Erntezeit – der Duft von frisch gemähten Weiden und saftigen Kornfeldern liegt in der Luft.

Zur Parklandschaft gehören auch die vielen Hofkreuze und Bildstöcke. Hier die Sandsteindarstellung der heiligen Familie in einer Hofeinfahrt, dort die große Herz-Jesu-Statue an der Ausfahrt vom Maisfeld. Fast immer stehen Bänke in der Nähe. Meine Füße und meine Seele sind jeden Kilometer zur Pause eingeladen.

Unterwegs im „Pferde-Kreis“

Und noch etwas ist eine Kons­tante: die Pferde. Na klar, ich bin in der Nähe von Warendorf, im sogenannten „Pferde-Kreis“. Fast jeder Hof hat eine Koppel, die Tiere begleiten mich oft ein paar Meter. Still, nur das dumpfe Trampeln ihrer Hufe, mal ein Schnaufen.

Kaum zu glauben, aber ich befinde mich immer noch am Rand der Hauptstraße nach Füchtorf – beschaulicher geht es aber trotzdem kaum. Denke ich, bevor ich kurz hinter Milte den Abzweig zum Kloster Vinnenberg nehme. Der ist kaum zu übersehen, prangt mit der Einladung in den dortigen Biergarten auf einem großen Schild. Ich lasse den Straßenverkehr hinter mir und begebe mich auf Seitenwegen durch das Grün. Lange Alleen erwarten mich, ein noch weiterer Blick über die flachen Felder und natürlich wieder viele Wegkreuze und Bildstöcke.

Verlaufen nach Vinnenberg unmöglich

Sicher, auf diesen vielen kleinen Straßen könnte ich leicht die Orientierung verlieren. Die Wegweiser verhindern das. Immer wieder zeigen Pfeile mit der Aufschrift „Kloster Vinnenberg“ mir den richtigen Pfad. Auf dem letzten Kilometer verlasse ich für das letzte Teilstück festen Untergrund. Der holprige Feldweg bringt mich direkt zur Einfahrt des ehemaligen Benediktiner- und Zisterzienserklosters mit seinen Ursprüngen im 13. Jahrhundert, das heute ein Exerzitienhaus ist.

„Idylle pur!“ Mehr fällt mir beim Anblick des von einer Gräfte umschlossenen Gebäudes nicht ein. Ein großes Mühlrad dreht sich am durch das vorbeiführende Flüsschen Bever gespeisten Staubecken, Trauerweiden rahmen die Einfahrt zum Kloster. Von dort führt der Weg zur kleinen Kirche, die sich innen wie außen eher schlicht gibt. Aber einen besonderen Wallfahrtsschatz besitzt: das Vinnenberger Gnadenbild. Seit Ende des Dreißigjährigen Krieges pilgern die Menschen hierher.

Von Maria zur Maria

Auch mein kleiner Pilger-Kreis hat sich geschlossen. Gestartet bei der Gottesmutter in Warendorf, bin ich bei ihr in Vinnenberg wieder angekommen. Etwa zehn Kilometer liegen hinter mir, nicht allzu sehr Kräfte zehrend. Die Kühle der Kirche aber tut trotzdem gut. Zurück wird es mit dem Bus gehen, der hier aber nur vier Mal am Tag hält. Genug Zeit also für eine Erfrischung im benachbarten Gasthaus.

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