Jens Joest zum Scheitern von zwei Gesetzentwürfen im Bundestag

Warum es richtig ist, die Suizid-Beihilfe nicht im Detail zu regeln

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Die Beihilfe zum Suizid bleibt in Deutschland vorerst ungeregelt. Damit fehlt zwar Rechtssicherheit in Detailfragen, die Entscheidung hat aber trotzdem ihr Gutes, meint unser Redakteur Jens Joest.

Gut, dass der Bundestag die gesetzliche Regelung der Suizid-Beihilfe hat scheitern lassen. Die Abgeordneten haben dreifachem Druck nicht nachgegeben.

Erstens: Der Zeitplan wirkte befremdlich. Es mag üblich sein, kurz vor der parlamentarischen Sommerpause viele Themen abzuarbeiten. Ethische Grenzfragen des Lebensendes aber im Eiltempo abzuräumen, diesem Druck haben die Abgeordneten widerstanden. Da ohne Fraktionszwang abgestimmt wurde, sind sie nicht nur ihrem Gewissen gefolgt – manch einer wohl auch einem unguten Bauchgefühl.

Zu komplex für eine Detailregelung

Zweitens: Das Parlament hat dem Verfassungsgericht Grenzen aufgezeigt. Grundsätzlich war schon vor dessen Urteil von 2020 weder der Suizid verboten noch die Beihilfe. Die Richter hatten vor drei Jahren ein Gesetz empfohlen, um Missbrauch zu verhindern. So richtig dieser Gedanke ist: Dass die Abgeordneten beide Gesetzvorschläge zur Regelung durchfallen lassen, ist ihr Recht als Gesetzgeber und Ausdruck funktionierender Gewaltenteilung.

Drittens: Der Bundestag hat dem Druck widerstanden, etwas zu regeln, das in seiner Komplexität kaum zu regeln ist. Das Schicksal jedes Menschen, der über einen Suizid auch nur nachdenkt, ist einzigartig. Es ist unwürdig, anhand von Kritierien abhaken zu sollen, ob in einem konkreten Fall Beihilfe infrage kommt.

Persönliche Haltung statt allgemeingültiges Gesetz

Wer Beihilfe zum Suizid regelt, erweckt den Eindruck, Selbsttötung sei etwas Normales, das todbringende Medikament sei eine gewöhnliche Dienstleistung. Dieses Klima sollte eine Gesellschaft nicht entstehen lassen.

Der Umgang mit dem eigenen Leben ist keine Frage eines allgemeingültigen Gesetzes, sondern der persönlichen Haltung. Auch ohne detaillierte Rechtsvorgaben wird ein Christ genau abwägen, wie er mit dem von Gott geschenkten Leben auch in Momenten großen Leids umgeht.

Aufgabe kirchlicher Einrichtungen

Leben ist in jeder Sekunde würdig und wertvoll. Das müssen kirchliche Einrichtungen ausstrahlen – in der Beratung, die Wege aus dem Suizidwunsch zeigt, in Krankenhäusern, Pflegeheimen, Palliativstationen und Hospizen. Dort erfahren auch Schwerstkranke und Sterbende Empathie und Hilfe – aber keinen Druck.

Haben Sie Suizidgedanken? Hier gibt es Hilfe
Menschen mit Suizidgedanken können sich an die Telefonseelsorge wenden. Sie ist unter den Rufnummern 0800 / 111 0 111 und 0800 / 111 0 222 täglich rund um die Uhr erreichbar, berät kostenfrei und anonym. Der Anruf findet sich weder auf der Telefonrechnung noch in der Übersicht der Telefonverbindungen wieder. Es gibt auch eine E-Mail-Beratung. Sie läuft über die Internetseite der Telefonseelsorge und ist daher nicht in Ihren digitalen Postfächern zu finden. Hier geht es zur Telefonseelsorge.

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