Brigitte Lehmann, Co-Vorsitzende des Diözesankomitees im Bistum Münster

Warum ich trotz allem in der Kirche bleibe

Anzeige

Für mehr als eine halbe Million Menschen in Deutschland sprach mehr dafür, aus der Kirche auszutreten als zu bleiben – darunter auch viele, die in den Gemeinden engagiert waren. Brigitte Lehmann sind solche Gedanken nicht fremd, und doch hat sie bewusst eine andere Entscheidung getroffen. Die Gründe nennt die Co-Vorsitzende des Diözesankomitees im Bistum Münster in ihrem Gast-Kommentar.

Ende Juni wurden die aktuellen Zahlen zu den Kirchenaustritten veröffentlicht, die den Negativtrend wieder sehr deutlich machten. Es gibt sicherlich viele Gründe für solch einen Schritt und ich respektiere die Entscheidungen aller, die diesen Schritt vollziehen. 

Für mich stellt sich dann die Frage: „Warum bleibe ich?“ Diese Frage wird mir öfter von „außen“ gestellt, aber ich stelle sie mir von Zeit zu Zeit auch selber, damit ich mich der Gründe für mein Bleiben vergewissere. Warum also bleibe ich Mitglied unserer katholischen Kirche?

Viel Gutes trotz Verfehlungen

Die Autorin
Brigitte Lehmann aus Geldern-Walbeck ist Co-Vorsitzende des Diözesankomitees im Bistum Münster, des Zusammenschlusses aller organisierten Laien in der Diözese.

Das hängt erstens mit meiner Grundüberzeugung zusammen, dass ich gerade auch als Christin in der Gesellschaft verpflichtet bin, meinen Teil zu einem gelingenden Miteinander beizutragen. Das beginnt damit, dass ich unter anderem von meinem Wahlrecht Gebrauch mache, und endet damit, dass ich mich aktiv einbringe.

Ich sehe zweitens, dass bei allen Verfehlungen einzelner Personen in unserer Kirche, grundsätzlich viel Gutes auf der Grundlage der Frohen Botschaft und der katholischen Soziallehre geleistet wird – nicht zuletzt durch ein hohes Engagement aller Beteiligten, ob haupt- oder ehrenamtlich, in den Gemeinden und Verbänden vor Ort. Was wäre, wenn das alles nicht mehr geschehen würde?

Unbequeme Fragen, „unliebsame“ Forderungen

Drittens habe ich als Synodale in den letzten drei Jahren selber erlebt, dass nicht nur bei Bischöfen ein Umdenken stattgefunden hat. Ja, auch mir geht das oft nicht schnell genug, aber genau an dieser Stelle kann ich ansetzen und weiterhin unbequeme Fragen oder „unliebsame“ Forderungen stellen. Genau dies kann ich als Mitglied dieser Kirche mit einer ganz anderen Wirkung als wenn ich dies als „Außenstehende“ versuchen würde.

Ich gebe zu, dass mir dies in unserem Bistum nicht schwer gemacht wird, weil hier ein recht gutes Miteinander herrscht. Es ist mir aber bewusst, dass Veränderungen nur dann gelingen können, wenn sich viele Mitglieder unserer Kirche engagieren, wenn sie zu dieser, unserer Kirche stehen und auch anderen immer wieder Mut machen, diesen Weg zu gehen.

Diesen „Auftrag“ habe ich unter anderem angenommen, als ich mich zur Vorsitzenden des Diözesankomitees habe wählen lassen, und ich werde gemeinsam mit meinem Mitvorsitzenden Ulrich Vollmer alles tun, was in unserer Macht steht, damit verloren gegangenes Vertrauen in unsere Kirche langsam wiedergewonnen wird.

In unseren Gastkommentaren schildern die Autor:innen ihre persönliche Meinung zu einem selbst gewählten Thema. Sie sind Teil der Kultur von Meinungsvielfalt in unserem Medium und ein Beitrag zu einer Kirche, deren Anliegen es ist, die Zeichen der Zeit zu erkennen.

Anzeige