Katholischer Bischof Neymeyr wollte sich auf Anfrage nicht äußern

AfD-Landrat in Sonneberg gewählt: Kirchen reagieren zurückhaltend

  • Die evangelische Thüringer Regionalbischöfin Friederike Spengler sieht in der Wahl von Robert Sesselmann zum bundesweit ersten Landrat mit AfD-Parteibuch ein Warnsignal.
  • Auch Vertreter des Judentums äußern sich beunruhigt.
  • Der katholische Erfurter Bischof Ulrich Neymeyr bat auf Anfrage um Verständnis, sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht äußern zu wollen.

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Die evangelische Thüringer Regionalbischöfin Friederike Spengler sieht in der Wahl von Robert Sesselmann zum bundesweit ersten Landrat mit AfD-Parteibuch ein Warnsignal und ruft zum Gespräch auf. Auch Vertreter des Judentums äußern sich beunruhigt.

Ein Sprecher des katholischen Bistums Erfurt sagte zu „Kirche-und-Leben.de“, Bischof Ulrich Neymeyr bitte „um Verständnis, dass er sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht zur Landratswahl in Sonneberg äußern wird“. Gründe nannte der Sprecher nicht.

„Wir müssen uns ausreden lassen“

Bischöfin Spengler sagte, wer jetzt Wähler anprangere und sie in eine politische Ecke stelle, sorge nur für zusätzlichen Frust und weitere Abschottung. Die Bischöfin ist für den Sprengel Erfurt der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland zuständig. Spengler verwies auf Studien, wonach drei Viertel der AfD-Wähler im Kreis Sonneberg aus Protest gehandelt hätten.

„Die Menschen empfinden offenbar, dass sie nicht mehr gehört werden und nicht mehr an demokratischen Prozessen beteiligt sind. Diese Gefühle müssen wir ernstnehmen“, sagte Spengler. „Weitere Sonntagsreden helfen da ebenso wenig wie Schuldzuweisungen. Stattdessen brauchen wir einen öffentlichen Diskurs, der erst einmal von gegenseitiger Akzeptanz geprägt ist und bei dem wir uns ausreden lassen.“

Bischöfin hoffte auf anderes Ergebnis

Spengler sagte, sie habe „gehofft, dass die Wahl anders ausgeht. Aber es gehört zur Demokratie, ein Wahlergebnis anzuerkennen.“

Bei der Stichwahl um das Amt des Landrats von Sonneberg hatte sich Robert Sesselmann (AfD) mit 52,8 Prozent gegen Amtsinhaber Jürgen Köpper (CDU) durchgesetzt. Er kam auf 47,2 Prozent, obwohl er auch von Linken, SPD, Grünen und FDP unterstützt wurde.

Schuster: „Die Partei ist rechtsextrem“

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, sagte dem „Redaktions-Netzwerk Deutschland“, die erste Wahl eines AfD-Kandidaten in ein exekutives Amt erschüttere ihn. Nicht jeder AfD-Wähler sei rechtsextremer Gesinnung: „Aber die Partei, deren Kandidaten sie gewählt haben, ist laut Landesverfassungsschutz rechtsextrem.“ Schuster sprach von einem „Dammbruch, den die demokratischen politischen Kräfte in diesem Land nicht einfach hinnehmen dürfen“.

Das Internationale Auschwitz-Komitee sprach von einem traurigen Tag für den Kreis Sonneberg, „für Deutschland und für die Demokratie“. Exekutiv-Vizepräsident Christoph Heubner weiter: „Eine Mehrzahl der Wählerinnen und Wähler hat sich offensichtlich aus der Demokratie verabschiedet und sich bewusst für eine rechtsextreme, von einem Nazi dominierte Zerstörungs-Partei entschieden.“ Für Holocaust-Überlebende reiße dies „brennende Fragen“ auf.

Knobloch: „Gefährliche Entscheidung vor Ort getroffen“

Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München, Charlotte Knobloch, sagte, mit der ersten Wahl eines AfD-Vertreters zum Landrat schlügen die Menschen „der stabilen Demokratie in Deutschland einen weiteren Stützpfeiler aus“. Viele trügen Mitverantwortung für das Ergebnis. Letztlich aber hätten die Menschen vor Ort „diese gefährliche Entscheidung getroffen“.

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