Verena Haak aus Elisabethfehn steht zum zweiten Mal vor der Herausforderung Lockdown

Als Erzieherin und Mutter erneut im Notbetrieb

  • Der Corona-Lockdown vor Weihnachten fordert auch Kindertagesstätten heraus: In kürzester Zeit sollten sie auf Notbetreuung umstellen.
  • Auch Verena Haak aus dem oldenburgischen Elisabethfehn muss damit umgehen – als Erzieherin und als Mutter.
  • Für die 36-Jährige ist der Job im Kindergarten immer noch Traumberuf – auch wenn sie sich manches anders vorgestellt hatte.

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Montag und Dienstag musste alles ganz schnell gehen. Die Weihnachtsbasteleien für die Eltern erschienen da noch als das kleinste Problem. Doch auch die selbstgebastelten Geschenke sollten die Kindergartenkinder noch vor Weihnachten mit nach Hause bekommen. Das Problem: Der Lockdown hatte den Zeitplan völlig durcheinandergebracht, und die meisten Kinder werden vor dem Fest nicht mehr in den Kindergarten „Arche“ im oldenburgischen Elisabethfehn zurückkommen.

Manchen konnten die Erzieherinnen die Geschenke für Mama und Papa schnell noch mitgeben. Einigen Kindern haben sie sie sogar bis nach Hause gebracht. Aber wie gesagt: Die Geschenke waren eher ein kleineres Problem. Für das Team um Kita-Leiterin Regina Freer standen mit dem neuen Lockdown ganz andere Fragen im Raum: Wie organisieren wir die Notbetreuung? Wie geht es weiter? Wann wird es zu Ende sein? Stress wie selten in der Kita in dem Ortsteil der Gemeinde Barßel (Kreis Cloppenburg).

 

Schwieriger Spagat zwischen Familie und Beruf

 

„Ich selber komme auch gerade ziemlich ins Schwitzen“, sagt Verena Haak. Die Erzieherin war am letzten Tag vor dem Lockdown nur kurz im Kindergarten und musste dann spontan um einen Tag Urlaub bitten. Der Grund: Sie hatte ihre Kinder (8 und 12) bis zu den Weihnachtsferien vom Unterricht abgemeldet. Vorsichtshalber, denn an einer Schule der beiden hatte es einen Coronafall gegeben. Die Bitte der Lehrerin: Wer es möglich machen könne, der solle seine Kinder besser zu Hause lassen.

Verena Haak nickt. Auch ihr erschien das sicherer. „Nicht, dass es für unsere Familie über Weihnachten noch heißt: Quarantäne!“ Doch jetzt muss sie erst einmal sehen, wie sie die Betreuung für die kommenden Tage organisiert, denn sie wird auf jeden Fall bis Weihnachten arbeiten. Die Kita benötigt jede Kraft für die Notbetreuung. Und nach Weihnachten? „Wir müssen abwarten, was dann gilt.“

 

Der Ernstfall macht den Spagat besonders deutlich

 

Der Ernstfall Corona zeigt noch deutlicher als sonst den Spagat, mit dem die 36-Jährige ihren Alltag zwischen Familie und Beruf auch ohne die Pandemie meistert. Seit elf Jahren leitet sie eine 25-er Regelgruppe in der Arche. Damit noch genug Zeit für ihre eigenen Kinder übrig bleibt, hat sie ihre Stelle auf 30 Stunden reduziert. Ihr Mann ist unter der Woche oft tagelang beruflich auf Achse. Dann muss sie alles alleine regeln.

„Vormittags ist das meist kein Problem“, sagt sie. Einmal die Woche ist sie aber auch nachmittags an der Reihe, dazu kommen ab und zu abendliche Dienstbesprechungen. „Dann muss ich jemanden finden, der auf die Kinder aufpasst.“ Beides unter einen Hut zu bekommen: eine gute Mutter sein zu wollen und auch eine gute Erzieherin – „das schlaucht manchmal ganz schön.“

 

In der Gruppenarbeit ist Abstand undenkbar

 

Mit Corona kam eine weiterer Spagat hinzu: der zwischen Erziehungsarbeit und Infektionsschutz. Der Landkreis Cloppenburg zählt schon im Herbst zu den Corona-Hotspots in Deutschland. Deshalb musste die „Arche“ umschalten auf das in Niedersachsen „Szenario B“ genannte Corona-Notfallkonzept. Die Gruppen arbeiteten seither völlig abgeschottet voneinander. Alle mussten unter sich bleiben, mit getrennten Eingängen, Pfeilen auf dem Boden, so viel Abstand wie möglich.

Für Erzieherinnen galt fast überall Maskenpflicht, auf den Fluren ebenso wie im Besprechungsraum. Auch in der eigenen Kindergartengruppe? „Da geht das ja nicht“, sagt Verena Haak. „Wir müssen die Kleinen ja auch mal auf den Arm nehmen und trösten, zum Beispiel, wenn sie sich verletzt haben.“

 

Erzieherin ist weiter ihr Traumjob

 

Auch, wenn die Pandemie vieles schwieriger gemacht hat – Erzieherin ist immer noch Verena Haaks Traumjob, trotz gewachsener Bürokratie, trotz der zusätzlichen Anforderungen, die unter dem Stichwort „Bildungsauftrag“ in den letzten Jahren hinzugekommen sind. „Kindergartenzeit ist die schönste Zeit des Lebens“, sagt sie, „Kinder dabei begleiten zu dürfen, das stärkt mich jeden Tag und da freue ich mich jeden Tag drauf“.
 
Dafür erträgt sie auch den Kindergarten-Lärmpegel: schlagende Türen, umstürzende Legokisten, klappernde Stühle. Um das besser auszuhalten, geht sie so oft wie möglich mit den Kindern nach draußen, aufs Kita-Gelände oder mit Bollerwagen am Elisabethfehn-Kanal entlang. Solche Touren geben ihr ebenso Kraft wie die stillen Momente, die sie gerade in der Adventszeit erlebt hat. „Wenn Kinder darüber fantasieren, wie der Nikolaus oder das Christkind wohl durch den Kamin ins Haus gekommen sind?“ So etwas zählt für sie zu den besonderen Schätzen ihres Berufs. „Das ist alles so schön unbeschwert. Und so etwas stärkt einen, auch in der Corona-Zeit.“

 

Manche Kinder sind sauer auf Corona

 

Und sie weiß auch mit der berechtigten Wut der Kleinen umzugehen. Sie erinnert sich an den wütenden Satz eines Jungen vor dem St.-Martins-Fest. „Mann, wann hört denn endlich diese olle Corona-Kacke auf? Wir hatten kein Ostern, wir durften nicht in den Urlaub fahren. Und jetzt dürfen wir nicht mal Laterne laufen.“ Sie hat ihm im Stuhlkreis zugenickt. „Da hast Du wirklich Recht. Das nervt.“ Auch das gehört zu unserem Auftrag, sagt sie. „Wir müssen sie immer wieder trösten und stärken und ihnen sagen, dass es bestimmt bald besser wird.“

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