Verbände mahnen zur Einigung

Ampel-Konflikt um Kindergrundsicherung - „Streit ist zum Fremdschämen“

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Verbände und Gewerkschaften äußern scharfe Kritik, dass die Regierungskoalition weiter über die geplante Kindergrundsicherung streitet. Der Paritätische Wohlfahrtsverband sieht darin „ein Trauerspiel für den Sozialstaat“.

Sozialverbände und Gewerkschaften dringen auf eine Einigung der Ampel-Koalition bei der geplanten Kindergrundsicherung. „Das Taktieren auf dem Rücken von Millionen Kindern, Jugendlichen und ihren Familien, die dringend eine bessere Unterstützung brauchen, ist entwürdigend und erbärmlich und muss endlich ein Ende haben“, kritisierte ein Bündnis aus Arbeiterwohlfahrt, Deutschem Kinderhilfswerk und Zukunftsforum Familie am Donnerstag in einer gemeinsamen Erklärung. Kritik an der Koalition kam auch vom Paritätischen Wohlfahrtsverband und von der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di.

„Der Streit ist zum Fremdschämen“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Ulrich Schneider, dem Internetportal „web.de“ (Donnerstag). Familienministerin Lisa Paus (Grüne) habe mit zwölf Milliarden Euro Kinder aus der Armut holen wollen, das seien gerade mal 0,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) mache angesichts dessen „eine Welle, als würden wir in den Bankrott reinlaufen“. „Das ist ein Trauerspiel für diesen Sozialstaat“, resümierte Schneider.

Kindergrundsicherung wichtiges Ampel-Vorhaben

Der Vorsitzende des Präsidiums des AWO-Bundesverbandes, Michael Groß, forderte, eine Einigung der Koalition über die Kindergrundsicherung bei der Kabinettsklausur auf Schloss Meseberg in der nächsten Woche sei dringend vonnöten. Leider gehe es in den vergangenen Monaten mehr um Machtspiele als um tatsächliche Herausforderungen, vor denen Familien mit wenig oder keinem Einkommen stehen. Der Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes, Thomas Krüger, erklärte, die Kindergrundsicherung könnte die finanzielle Situation vieler Familien verbessern, dafür müsse sie aber auch finanziell ausreichend untersetzt werden.

Die Kindergrundsicherung gilt als das wichtigste sozialpolitische Vorhaben der Ampel-Koalition. Grüne und SPD wollen die Zahlungen an arme Familien erhöhen, während die FDP allein durch Verwaltungsvereinfachungen mehr Familien erreichen will. Im Streit um die Finanzierung hat Familienministerin Paus ihre Forderungen inzwischen auf bis zu sieben Milliarden Euro jährlich reduziert. Finanzminister Lindner will die Ausgaben bei zwei Milliarden Euro deckeln. Die beiden Ministerien verhandeln seit Monaten über einen Kompromiss.

ver.di-Chef Werneke zur Kindergrundsicherung

Die Vorsitzende des Zukunftsforums Familie, Britta Altenkamp, erklärte dazu, eine Verwaltungsvereinfachung und ein Erhalt des Status quo seien „absolut inakzeptabel“. Auch ver.di-Chef Frank Werneke forderte, der Geldtopf für die Kindergrundsicherung müsse groß genug sein. „Eine Kindergrundsicherung verdient nur ihren Namen, wenn sie finanziell mehr ausmacht als nur eine Umwidmung bestehender Programme“, sagte er der „Augsburger Allgemeinen“.

„Herr Lindner hat wohl lange nicht mehr mit einem Kind gesprochen, das nicht am Schulausflug teilnehmen darf, weil den Eltern schlicht das Geld dazu fehlt“, sagte der Gewerkschafter. Die Kindergrundsicherung sei eine gute Investition, damit Kinder die Chance haben, an Bildung teilzuhaben und nicht ohne Abschluss von der Schule abzugehen, fügte der ver.di-Chef hinzu.

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