Mental Health Coaches sollen Folgen mildern

Corona wirkt bei Schülern nach – auch an Schulen im Bistum Münster

  • Die Corona-Pandemie wirkt in den Schulen immer noch nach – besonders im Regel- und Sozialverhalten.
  • Gerade Schüler mit ohnehin belastenden Hintergründen hat die Zeit mit Home-Schooling und Kontaktbeschränkungen zusätzlich zugesetzt.
  • Bei einem bundesweiten Projekt kommen deshalb Mental Health Coaches zum Einsatz.

Anzeige

Corona wirkt nach bei der Jugend. Auch drei Jahre nach dem Höhepunkt der Pandemie sind die Folgen bei ihnen noch präsent. Der massive Einschnitt in die persönliche und schulische Entwicklung etwa durch Home-Schooling, Kontakteinschränkungen und Ausfallzeiten haben sich noch nicht ausgewachsen. Denn die fehlenden Entwicklungsmöglichkeiten dieser Jahre haben zu einer deutlichen Verschlechterung der psychischen Gesundheit von Jugendlichen geführt. Zu diesem Ergebnis kam zuletzt eine Studie der Universität Konstanz in Kooperation mit dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf.

Da Schulen zentrale Orte sind, an denen jungen Menschen mit immer neuen Herausforderungen und Entwicklungsaufgaben konfrontiert sind, ist das gerade im schulischen Alltag zu spüren, sagt die Schulleiterin der Johann-Heinrich-Schmülling-Schule in Warendorf, Claudia Tennstedt. „Die Auffälligkeiten sind vielseitig und auch von den Jahrgängen abhängig.“ Sie erfährt das an der bischöflichen Realschule genauso wie im Austausch mit den Kollegen weiterer Schulen. „Jede Altersstufe hat ihr eigenes Päckchen mitbekommen.“

Schüler mit deutlichen Defiziten

Bei Kindern im Übergang zur fünften Klasse etwa stellt Tennstedt ein verändertes Regelverhalten fest. „Die Grundschüler haben in der Pandemiezeit ein anderes soziales Lernen erfahren“, sagt sie. „Gerade bei Kindern, die in diesem Bereich ohnehin Nachholbedarf hatten, hatte das deutlich wahrzunehmende Auswirkungen – etwa beim Einhalten von grundlegenden schulischen Vorgaben oder im Miteinander in den Klassen.“

Auch bei den älteren Jahrgängen nimmt die Schulleiterin wahr, dass entscheidende Entwicklungsschritte während der Pandemiezeit oft nicht gemacht werden konnten. „Isolation im Home-Schooling, fehlender Ausgleich in der Freizeit oder die erzwungene Nähe zu den Eltern in einer Zeit, in der sich eigentlich Selbstständigkeit entwickelt“, zählt sie dazu. In diesem Alter seien soziale Bindungen sowie Kontakte zu Lehrern, Mitschülern und anderen Menschen ausschlaggebend für eine gesunde Entwicklung.

Noch keine Normalität unter Schülern

Normalität stellt sich nur langsam wieder ein. „Gewohnheiten, Eigenverantwortung und Gemeinschaft müssen wieder gelernt werden“, sagt Tennstedt. Gerade die Situation jener Kinder, die sich auch sonst schwer damit getan hätten, seien durch die Pandemie verstärkt worden. Das zeige sich durchaus auch an der Anzahl der Schüler, bei denen ärztliche oder psychologische Hilfestellungen angezeigt seien.

Tennstedt sagt, dass durch Corona eine grundlegende Entwicklung in der Gesellschaft beschleunigt worden ist: „Individualisierung, Isolation, Werteverlust… - Corona hat da vieles aufgedeckt, was es ohnehin schon gab.“ Auch die beschleunigte Digitalisierung sieht sie als Faktor. „Sie war wichtig, fand aber unter großem zeitlichen und organisatorischen Druck statt.“ Eltern, Kinder und Lehrer hätten sich dabei nicht ausreichend mit deren Auswirkungen auseinandersetzen können.

Bundesweites Projekt: Mental Health Coaches

Helfen soll in der jetzigen Situation der Einsatz von Mental Health Coaches – ein Projekt der Bundesregierung, bei dem pädagogische Fachkräfte mit den Schülern und Lehrern vor Ort arbeiten können. Die Gruppenangebote sollen sie sich um „die Stärkung der Resilienz und weiterer Gesundheitsaspekte kümmern“, heißt es in der Beschreibung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Mental Health Coaches sollen im laufenden Schuljahr an bundesweit 100 Standorten zum Einsatz kommen. Einer von vier Trägern des Angebots ist die Bundesarbeitsgemeinschaft Katholischer Jugendsozialarbeit (BAG KJS). Konkret sollen die Schüler in der Gruppe lernen, Lösungsansätze zu erkennen und damit Konflikte zu bewältigen, so die BAG KJS. Sie würden dabei auch befähigt, außerhalb der Schule mit einem erhöhten Stressaufkommen und mit Ängsten umzugehen.

Noch keine Teilnehmer im Bistum Münster

Schulen aus dem Bistum Münster sind derzeit noch nicht involviert. Ein Projekt, dem Tennstedt aber viel abgewinnen kann. „Alles, was der physischen und psychischen Gesundheit der Schüler hilft, ist immer wichtig.“

Anzeige