Von neuen Vertriebswegen, Konkurrenz und Nachwuchssorgen

Fairer Handel im Trend – warum Eine-Welt-Läden trotzdem schließen

  • Vor einigen Tagen haben im Bistum Münster die Eine-Welt-Läden in Lembeck und Voerde geschlossen.
  • Grund sind fehlender Nachwuchs an Mitarbeitenden und die Konkurrenz durch Supermärkte, die immer mehr auf Fair Trade setzen.
  • Insgesamt verzeichnet der Faire Handel aber stabile Umsätze.

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Zuletzt wurden die Restposten der Eine-Welt-Produkte mit einem Rabatt von 50 Prozent verkauft. „Fast alles ist weggegangen“, sagt Doris Garritzmann. Seit Beginn des Eine-Welt-Ladens in der Gemeinde St. Laurentius in Dorsten-Lembeck 1987 hat Garritzmann zusammen mit einem Team ehrenamtlich die Produkte des fairen Handels verkauft und für einen regelmäßigen Überschuss gesorgt.

Seit einigen Tagen ist der Laden im Kirchenkeller Geschichte. „Mit den Jahren ging die Zahl der Kirchenbesucher und damit auch die Besucherzahl des Eine-Welt-Ladens kontinuierlich zurück. Die Umsätze wurden immer weniger“, sagt Garritzmann.

 

Erlös von mehr als 21.000 Euro

 

An drei Tagen die Woche konnten die Lembecker die Eine-Welt-Produkte erwerben, neben Kaffee, Tee, Honig, Schokolade auch einige Deko-Artikel. In all diesen Jahren hat das zuletzt zwölfköpfige Mitarbeiterteam einen Erlös von genau 21.202,12 Euro erzielt. Der Erlös ist immer gespendet worden. Einen Großteil davon erhielt die Steyler Missionsschwester Mathilde auf den Philippinen für die schulische Ausbildung von Mädchen.

Auch wenn die Zeit des Eine-Welt-Ladens jetzt zu Ende gegangen ist, zieht Theresia Arentz, die ebenfalls seit 34 Jahren für fair gehandelte Waren geworben hat, ein positives Fazit: „Die Eine-Welt-Arbeit insgesamt hat dazu geführt, dass viele Menschen für fair gehandelte Produkte sensibilisiert worden sind. Man interessiert sich immer mehr für die Frage: Wer hat die Produkte unter welchen Bedingungen hergestellt?“ Die aktuelle Diskussion um das Lieferkettengesetz zeige, dass Themen der Eine-Welt-Engagierten irgendwann aufgegriffen würden, sagt Arentz.

 

Pionierarbeit der kirchlich Engagierten

 

Für Doris Garritzmann hat der deutliche Umsatzrückgang im kirchlichen Weltladen einen besonderen Grund: „Die Umsätze des fairen Handels steigen stetig und betreffen Lebensmittel und Textilien. Der Trend zu fair gehandelten Produkten hat inzwischen bei fast allen Supermarktketten Einzug gehalten. Darüber freuen wir uns, weil dadurch die Pionierarbeit der Eine-Welt-Läden Früchte trägt.“ In den letzten Jahren seien immer mehr Bio-Märkte entstanden, Supermärkte machten Werbung mit Fair Trade.

Das Engagement des Eine-Welt-Teams in Lembeck lobt Diakon Burkhard Altrath: „Die Engagierten haben in der Pfarrei den fairen Handel nach vorn gebracht und so geholfen, dass die Produzenten in der Einen Welt gerecht bezahlt werden.“

 

Umsatzsteuerpflicht ab 2023

 

Altrath gibt zu bedenken, dass ein Grund für die Schließung des Ladens auch mit der Einführung mit der Umsatzsteuerpflicht Anfang 2023 zu sehen ist. „Der bürokratische Aufwand wird zunehmen. Der Erlös sinkt entsprechend. Das wird auch Pfarrfeste und Basare betreffen.“

In der Pfarrei St. Peter und Paul in Voerde hat ebenfalls vor wenigen Tagen der Eine-Welt-Laden mit Café seine Türen geschlossen. Im letzten Jahr konnte er noch sein 25-jähriges Bestehen begehen. „Für unsere Eine-Welt-Gruppe stellte sich immer dringender die Frage, wie es weitergehen soll“, sagt Heinz Kruse vom Eine-Welt-Laden in Voerde.

 

26 Jahre Produktverkauf in Voerde

 

Theresia Arentz (links) und Doris Garritzmann haben 34 Jahre in Dorsten-Lembeck im Eine-Welt-Laden mitgearbeitet. Diakon Burkhard Altrath dankt für das Engagement. | Foto: Johannes Bernard
Theresia Arentz (links) und Doris Garritzmann haben 34 Jahre im Eine-Wwlt-Laden Dorsten-Lembeck mitgearbeitet. Diakon Burkhard Altrath dankt für das Engagement. | Foto: Johannes Bernard

Der Blick auf die Situation habe kaum Alternativen gelassen: „Wir sind nur noch sieben Aktive im Team. Drei davon sind über 80 Jahre alt. Nachwuchs zu bekommen, ist fast unmöglich. Der Laden wird nur aus dem Engagement Weniger getragen.“ Mit einer stärkeren Beteiligung aus den evangelischen und katholischen Gemeinden sei nicht zu rechnen. „Uns fehlt die Jugend“, sagt Kruse.

Nach der Corona-Pandemie wird das Café im Voerder Stadtteil Friedrichsfeld nicht wieder geöffnet. „Alles hat seine Zeit“, sagt Kruse. Ganz auf fair gehandelte Produkte brauchen die Friedrichsfelder aber nicht verzichten. „Wir bieten einen Lieferdienst an, weil wir unsere treuen Kundinnen und Kunden weiter versorgen möchten.“ Wenige Kilometer entfernt gebe es in Wesel einen Eine-Welt-Laden, der ein breites Sortiment anbiete. Auch ein Bauernladen im Ortsteil Spellen verkaufe Fair-Trade-Produkte der GEPA.

 

GEPA zieht positive Bilanz

 

Das auf fairen Handel spezialisierte kirchennahe Handelshaus GEPA mit Sitz in Wuppertal hatte in der Corona-Krise seinen Umsatz gehalten. Zweistellige Absatzrückgänge bei den klassischen Weltläden seien durch verstärkte Verkäufe über den Lebensmittel- und Naturkosthandel sowie im Online-Shop ausgeglichen worden, teilte das Unternehmen in seinem jüngsten Geschäftsbericht mit. 2020 habe es beim Umsatz ein kleines Plus von rund 0,5 Prozent auf 81,1 Millionen Euro gegeben.

Der Umsatz über den Einzelhandel stieg den Angaben zufolge um 15,3 Prozent auf 37,1 Millionen Euro. Über Weltgruppen und Initiativen wurden mit 17,6 Millionen Euro 11,7 Prozent weniger verkauft als 2019. Starke Einbußen gab es auch bei Lieferungen an Kantinen, die wegen der Corona-Pandemie geschlossen haben.

 

„Unterstützung für Partner in der Corona-Krise“

 

Bei der Vorstellung der Jahresbilanz sagte GEPA-Geschäftsführer Peter Schaumberger: „Fairer Handel wird jetzt noch wichtiger, da er unsere Partner im Globalen Süden sowohl bei der Corona-Krise als auch in der Klima-Krise unterstützt.“ Die elementare Grundlage für Klimagerechtigkeit sei die Handelsgerechtigkeit, „da nur so die Menschen am anderen Ende der Lieferkette dem Klimawandel trotzen können“.

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