Die St.-Andreas-Gemeinde beteiligt sich zum dritten Mal

Gottesdienst zum „Christopher-Street-Day“ in Cloppenburg

Am 23. Juni treffen sich homosexuelle Frauen und Männer in Cloppenburg zum Christopher-Street-Day. Die Kirchen beteiligen sich zum dritten Mal mit einer Feier im Rahmenprogramm. Für Dechant Bernd Strickmann ein wichtiges Zeichen.

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Die St.-Andreas-Gemeinde Cloppenburg beteiligt sich auch in diesem Jahr an einem ökumenischen Gottesdienst im Rahmenprogramm des so genannten Christopher-Street-Day (CSD) in der Kreisstadt. Der Gottesdienst am 17. Juni um 17 Uhr, genau eine Woche vor dem eigentlichen Cloppenburger CSD am 23. Juni, ist nach 2016 und 2017 die dritte kirchliche Feier im Umfeld dieses regionalen Treffens homosexueller und transsexueller Menschen.

Der Verein CSD-Cloppenburg lädt seit 2013 jährlich zu den Treffen ein, mit wachsendem Zulauf. Schon beim ersten Mal waren die Organisatoren überrascht, dass statt der erwarteten 80 bis 100 gleich 200 Teilnehmer zu der Kundgebung in der Cloppenburger Innenstadt erschienen. 2017 waren es 350, in diesem Jahr rechnen die Veranstalter mit 500 Teilnehmern. Das Motto lautet diesmal „Akzeptanz beginnt zu Hause“.

 

Die Cloppenburger Pfingstler sind nicht dabei

 

Cloppenburgs leitender Pfarrer Bernd Strickmann begrüßt das Treffen und hält die Beteiligung der Kirchen für ein wichtiges Zeichen, das noch selbstverständlicher werden müsse. Auf Nachfrage von „Kirche+Leben“ sagte er, er halte es für wichtig, als Kirche in jeder Gesellschaftsgruppe dabei zu sein, und er sehne den Tag herbei, „an dem man eine Beteiligung der Kirche nicht mehr hinterfragen muss“.

Dechant Bernd Strickmann.Dechant Bernd Strickmann. Foto: Michael Rottmann

Zum CSD-Gottesdienst laden die evangelisch-lutherische und die katholische Kirchengemeinde gemeinsam ein. Er ist geplant als Freiluftgottesdienst, diesmal auf dem Gelände der evangelischen Gemeinde. Nicht beteiligt sind die evangelikalen Pfingstler. Zu ihnen zählt ein Großteil der russischstämmigen Bevölkerung Cloppenburgs.

 

Der Pfarrer hat sich über die Anfrage gefreut

 

Pfarrer Strickmann, der auch Dechant für das Dekanat Cloppenburg ist, sagte zur Einbindung der katholischen Kirche: „Schon über die erste Anfrage nach einer Beteiligung der St.-Andreas-Gemeinde habe ich mich sehr gefreut und sofort zugesagt.“

Auch der Pfarreirat der St.-Andreas-Gemeinde stehe hinter der Entscheidung für die ökumenische Feier. Pfarrer Strickmann: „Als ich die Mitglieder vor drei Jahren über das Projekt informiert habe, kam als Antwort nur: ,Wieso? Gibt es da etwa ein Problem?‘“

 

Nur wenig Kritik aus der Gemeinde

 

Einige kritische Anfragen aus der Gemeinde habe es zwar auch gegeben, räumte der Pfarrer ein, etwa in anonymen Briefen. Mit denen verfahre er aber wie auch in anderen Zusammenhängen nach einer klaren Linie, die er seiner Gemeinde mit ironischem Unterton im Pfarrblatt erklärt habe: „Wenn jemand seine Unterschrift vergisst, geht ein Brief direkt in den Reißwolf.“

Der Christopher-Street-day
Der Christopher-Street-Day (CSD) ist ein Gedenktag an die ersten bekannt gewordenen Widerstände homo- und transsexueller Menschen am 28. Juni 1969 gegen Diskriminierungen und gewalttätige Übergriffe in der New Yorker Christopher Street. In den Sommermonaten erinnern seither in vielen Städten auf der Welt ähnliche Demons­trationen und Aktionen daran. Die größten in Deutschland sind heute die in Köln und Berlin. In Cloppenburg organisiert der Verein „CSD Cloppenburg“ seit 2013 eine CSD-Aktionswoche. Der Verein setzt sich ein für mehr Akzeptanz von Menschen mit unterschiedlichen sexuellen Orientierungen und geschlechtlichen Identitäten. Zum ersten Cloppenburger CSD kamen 200 Teilnehmer, in diesem Jahr werden bis zu 500 erwartet.

Insgesamt überwiege die Zustimmung zum CSD-Gottesdienst aber deutlich. Zahlreiche Gemeindemitglieder würden Homosexualität ja aus ihrem Umfeld kennen, so Strickmann. Von ganz vielen, auch älteren Gemeindemitgliedern, habe er große Erleichterung gehört: „Endlich! Endlich kann darüber auch in der Kirche unbefangen gesprochen werden!“

 

Vielen Betroffenen ist das wichtig

 

Marcus Acquistapace, langjähriger Vorsitzender des CSD- Vereins Cloppenburg und 2013 Mitbegründer des regionalen Christopher-Street-Days, freut sich, dass die katholische und die evangelisch-lutherische Kirche im Rahmenprogramm mit dabei sind. Vielen Vereinsmitgliedern sei das wichtig.

„Nur weil man schwul ist, ist man ja nicht ungläubig“, sagt  er und betont, als evangelischer Christ immer an seinem Glauben festgehalten zu haben. Auch in der Anfangsphase des CSD, „als uns die Kirchen noch nicht so wohlgesonnen waren“. Pfarrer Strickmann habe als Erster zu einem Gottesdienst im CSD-Rahmenprogramm eingeladen, 2016 in die St.-Josef-Kirche.

 

„Die Kirche kann helfen“

 

Acquistapace geht es um Verständnis und Toleranz, insbesondere bei Eltern, die noch lernen müssten, damit umzugehen, dass ihr Sohn oder ihre Tochter homosexuell ist. „Das bedeutet ja nicht, das toll zu finden. Sondern: die besondere sexuelle Orientierung zu akzeptieren.“ Auch, um Tochter oder Sohn nicht zu verlieren.

Im ländlichen Südoldenburg sei es immer noch schwieriger als in großen Städten, offen zu einer homosexuellen Orientierung zu stehen. Das belaste  Betroffene, aber auch ihre Familien. Die Kirche könne da einen wichtigen Beitrag leisten, indem sie dabei mithelfe, dass – wie es auch Papst Franziskus fordere – niemand wegen seiner sexuellen Orientierung ausgegrenzt werde.

Kirche und Homosexualität
Das Verhältnis der katholischen Lehre zu Homosexualität bleibt spannungsvoll. Der Welt-Katechismus stellt zwar fest, dass homosexuelle Frauen und Männer „diese Veranlagung nicht selbst gewählt“ haben und warnt, „sie in irgendeiner Weise ungerecht zurückzusetzen“. Ihnen sei vielmehr mit „Mitleid und Takt zu begegnen“. Homosexuelle Handlungen bleiben jedoch „in sich nicht in Ordnung“.
Vereinzelt signalisieren deutsche Bischöfe wie Reinhard Marx, Franz-Josef Bode und Heiner Koch Respekt vor homosexuellen Partnerschaften; einige Laienverbände wie der Familienbund der Katholiken oder das Zentralkomitee der deutschen Katholiken haben sich für Segnungen gleichgeschlechtlicher Paare ausgesprochen.
Papst Franziskus soll laut einer Meldung der spanischen Zeitung „El Pais“ einem homosexuellen Missbrauchsopfer aus Chile gesagt haben: „Gott hat dich so gemacht und liebt dich. Auch der Papst liebt dich, wie du bist.“ Die Meldung ist jedoch nicht vom Vatikan bestätigt. An der Lehre der Kirche hat sich nichts geändert.