Vorwürfe gegen Johannes Paul II. aus seiner Zeit als Krakauer Erzbischof

Hat Wojtyla vertuscht? Politik und Kirche in Polen verteidigen Papst

  • Gegen den Vorwurf der Vertuschung sexualisierter Gewalt nimmt Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki Papst Johannes Paul II. in Schutz.
  • Auch der Krakauer Erzbischof Marek Jedraszewski weist Anschuldigungen gegen seinen Vorgänger energisch zurück.
  • Allerdings wird aus dem Erzbistum Wien eine mangelnde Information durch Karol Wojtyla bestätigt.

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Gegen den Vorwurf der Vertuschung sexualisierter Gewalt nimmt Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki Papst Johannes Paul II. in Schutz. Zuvor hatte ein Fernsehbericht Anschuldigungen erhoben.

In einem Video in den Sozialen Medien sagt Morawiecki: „Ich verteidige heute unseren geliebten Papst, weil ich wie die eindeutige Mehrheit meiner Landsleute weiß, dass wir Johannes Paul II. als Volk sehr, sehr viel verdanken, vielleicht alles verdanken.“

„Nur sehr zweifelhafte Belege“

Es gebe eine „Unmenge von Beweisen“ dafür, dass der frühere Papst in der Kirche gegen „Schandtaten“ gekämpft habe. Hingegen gebe es keine oder nur „sehr, sehr zweifelhafte“ Belege, dass Johannes Paul II. solche Taten bewusst ignoriert habe, so Morawiecki, ohne Missbrauch durch Geistliche konkret zu nennen.

Die „Attacken“ auf den verstorbenen Papst verurteilte der nationalkonservative Politiker scharf. Sie gingen ihm zufolge von Kreisen aus, die statt Tradition, Kultur und Normalität eine Revolution wollten, „die das bisherige Leben der Mehrheit der Gesellschaft auf den Kopf stellt“.

Die Anschuldigungen

Der Sender TVN 24 hatte Johannes Paul II. in einem Bericht beschuldigt, als Erzbischof von Krakau in den 1970er Jahren von Missbrauchsfällen gewusst zu haben. Trotzdem habe er die Täter weiter als Priester in Pfarreien arbeiten lassen. Auch Betroffene sexualisierter Gewalt durch Geistliche, die Karol Wojtyla als Erzbischof unterstellt gewesen seien, kamen in dem TV-Bericht zu Wort.

Ein beschuldigter Priester sei vom späteren Papst nach Österreich geschickt worden. Wojtyla habe ein Empfehlungsschreiben an den damaligen Wiener Kardinal Franz König geschrieben, ohne ihn über die Vorwürfe zu informieren.

Erzbistum Wien: Wir hatten keinen Hinweis aus Krakau

Der Wiener Diözesansprecher Michael Prüller bestätigte der Agentur Kathpress, zum betreffenden Geistlichen habe es keinen Hinweis aus Krakau in Sachen Missbrauch gegeben: „Wir haben das untersucht, als wir Anfang Jänner dieses Jahres eine Anfrage aus Polen erhielten. In unseren Akten gibt es auch keine Hinweise auf mögliche Taten während der Zeit in Österreich.“

Krakaus Erzbischof Marek Jedraszewski wies die Vertuschungsvorwürfe energisch zurück. Aktuell laufe mit „Lügen und Unterstellungen“ eine „Operation zur Zerstörung der leuchtenden Erinnerung“ an Johannes Paul II., sagte der stellvertretende Vorsitzende der Polnischen Bischofskonferenz in einem Gottesdienst in Krakau.

Krakauer Erzbischof: „Anschlag“ auf Autorität des Papstes

„Johannes Paul II. bleibt weiterhin ein Feind der Prediger der Gender-Ideologie, der Befürworter von Abtreibung und Euthanasie, deshalb wird versucht, ihn zu vernichten“, so Jedraszewski. Es werde versucht, die Autorität des früheren Papstes zu untergraben. Der Erzbischof sprach von einem „Anschlag“.

Der Kinderschutz-Koordinator der Bischofskonferenz, Pater Adam Zak, sprach sich für eine „weitere Archivrecherche“ aus. Sie sei für eine „gerechte Beurteilung der Entscheidungen und Handlungen“ von Erzbischof Wojtyla notwendig. Er leitete das Erzbistum Krakau von 1964 bis zur Papstwahl 1978.

Staatliches Institut prüft kommunistische Akten

Derweil will eine staatliche Einrichtung Sexualdelikte von Geistlichen in kommunistischer Zeit untersuchen. In den Archiven des Instituts des nationalen Gedenkens (IPN) solle etwa geprüft werden, was der kommunistische Geheimdienst in den Fällen wusste, berichtet die Zeitung „Rzeczpospolita“. Ob sich die Bischofskonferenz an der Untersuchung beteiligt, ist demnach noch unklar.

Das IPN ist für die Aufarbeitung der kommunistischen Ära Polens von 1945 bis 1989 zuständig. Es verfügt über die Akten des ehemaligen Geheimdienstes SB. Die Kirche gab bisher ihre Akten nicht frei.

Parlament verteidigt Papst
Polens Parlament verteidigt Johannes Paul II. mit einem Entschließungsantrag der nationalkonservativen Regierungspartei PiS. Die Abgeordneten nahmen den Text mit 271 gegen 43 Stimmen an. Die größte Oppositionsfraktion, die rechtsliberale Bürgerkoalition, boykottierte die Abstimmung.

Im Text heißt es: „Der Sejm der Republik Polen verurteilt entschieden die mediale schändliche Hetzjagd, die weitgehend auf Materialien des Gewaltapparates der Volksrepublik Polen basiert und gegen den großen polnischen Papst gerichtet ist, den heiligen Johannes Paul II.“ Es werde versucht, ihn mit Vorwürfen zu kompromittieren, „die selbst die Kommunisten nicht zu nutzen wagten“.

Update 10. März: Kasten

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