Keine Touristen, reduzierte Feiern, wenig Hoffnung

Im Krieg: Bethlehem steht vor einem einsamen Weihnachtsfest

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Nach den Corona-Jahren hatte Bethlehem für 2023 mit einem Rekord-Weihnachtsfest gerechnet. Aber der Krieg hat alle Hoffnung zerstört. Die Christen an Jesu Geburtsort bleiben wohl weitgehend unter sich.

Die Girlanden sind verschwunden, die Lichterketten abgebaut. Der Platz vor der Geburtskirche von Bethlehem wirkt öde. Auf Anordnung von Bürgermeister Hanna Hanania gibt es weder Weihnachtsbaum noch Krippe, weder festliche Musik noch bunte Dekorationen, auf denen sich Krippe und Heilige Familie mitunter kulturübergreifend mit Rentieren und Schlitten vermischten. Wegen des Krieges trauere Bethlehem wie die übrigen Palästinenserstädte und könne diesmal nicht feiern, entschied der Stadt-Obere.

Die Kirchenführer schlossen sich bedingt an: Natürlich erinnern die Christen in Gottesdiensten an die Geburt Christi, aber ohne prunkvolle Feiern, ohne laute Trommlerchöre. Stattdessen ruhig und konzentriert auf den geistlichen Gehalt der Weihnacht – und mit Gebeten für den Frieden im Heiligen Land.

Einheimische fast unter sich

Die Christen Bethlehems werden in dieser Heiligen Nacht weitgehend unter sich sein. Erstmals und ausnahmsweise werden für die Mitternachtsmette mit dem Lateinischen Patriarchen Pierbattista Pizzaballa keine Eintrittskarten ausgegeben, um die es gewöhnlich stets ein heftiges Ringen gab. Jeder könne unangemeldet kommen und frei seinen Platz wählen, teilen die Franziskaner mit.

Der offizielle Einzug des Patriarchen um die Mittagszeit am Heiligabend in Bethlehem werde den Regeln des „Status quo“ folgen, aber ohne festliche Elemente. Der Patriarch hatte bereits auf seinen Besuch bei der Gemeinde in Gaza verzichten müssen, der sonst zu den Fixpunkten seines Weihnachtsprogramms gehört.

Bethlehem im Krieg weitgehend abgeriegelt

Seit dem 7. Oktober hat Israel das Westjordanland komplett abgeriegelt und die Übergänge weitgehend geschlossen. Zugleich kommen praktisch keine Pilger ins Land.

Mit katastrophalen Folgen gerade für Bethlehem: Zum einen haben die palästinensischen Pendler, die täglich zur Arbeit nach Jerusalem fuhren, keine Einreisegenehmigung mehr und sind arbeits- und einkommenslos. Zum anderen ist der Tourismus eingebrochen, von dem die Wirtschaft der Stadt abhängt.

Geschäfte und Hotels geschlossen

Rund um die Basilika sind fast alle Geschäfte geschlossen, in denen Pilger sonst Holzschnitzarbeiten, Krippenfiguren oder Ikonen kaufen. Handwerker und Händler bleiben auf ihren Waren sitzen.

Sämtliche Hotels sind geschlossen, sagt Hotelmanagerin Eliona vom „Casa-Nova-Haus“ der Franziskaner. Nur für Gäste, die sich anmelden, wird geöffnet. Auch 70 Prozent der Restaurants sind zu – denn wer könne sich in der angespannten Einkommenslage ein teures Abendessen leisten?

Geburtskirche menschenleer

In der Geburtskirche herrscht dieser Tage gähnende Leere. Nur zwei Polizisten wachen im Eingangsbereich, im armenischen wie im orthodoxen Bereich befüllen Mönche die Öllampen. Zur Grotte unter dem Hauptaltar, wo die Krippe Jesu gestanden haben soll, steigen allenfalls Einzelne herab – normalerweise warten Besucher bis zu einer Stunde.

Allerdings habe der Krieg die Christen von Bethlehem wieder enger zusammengebracht: „Unsere einzige Waffe ist der Glaube, ist das Gebet“, sagt die Christin Eliona.

Überfüllte Gottesdienste der Einheimischen

Die Gottesdienste in der zum Basilika-Komplex gehörenden katholischen Katharinenkirche waren zuletzt Sonntagen überfüllt. Drei Sonntagsmessen seien nacheinander gefeiert worden, berichtet Vize-Pfarrer George Haddad.

Der Franziskaner ist auch Direktor der Terra-Santa-Schule mit 1.200 Schülerinnen und Schülern, 60 Prozent von ihnen sind Christen, 40 Prozent Muslime. Haddad hat die große Weihnachtsfeier abgesagt. In der Halle stehen ein Weihnachtsbaum und eine Krippe, aber ohne Lichter – „als Zeichen der Solidarität mit unserem leidenden Volk“.

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