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Wie gibt man einer Kirchengemeinde ihr Pfarrheim zurück, wenn sie nur noch die Kirche hat? Nach dem Verkauf des maroden ehemaligen Pfarrzentrums kann die Gemeinde St. Ludger Lünen-Alstedde, Kirchort der Pfarrei St. Marien Lünen, nun ihr neues Gemeindezentrum einweihen – in der Kirche.
Es gibt einen großen Saal für Feiern und Versammlungen, sanitäre Anlagen, Technikräume und eine Teeküche, um die mancher die Gemeinde beneiden wird. Denn sie wurde in die ehemalige Taufkapelle eingebaut, und so zieren die Wände der Teeküche nun Mosaike und ein buntes Glasfenster. Andere Mosaikbilder wurden abgenommen und im Altarraum angebracht, wo die Taufkapelle nun einen neuen Platz gefunden hat. Das künstlerisch gestaltete Geländer der Taufkapelle findet sich nun als Treppengeländer im Eingangsbereich.
Lichte und einladende Architektur
Pfarrer Michael Mobauer und Verwaltungsreferentin Beate Galler in der neuen Teeküche. | Foto: Claudia Maria Korsmeier
Die große Höhe des Kirchenraums wurde im Bereich der neuen Räume durch eine Zwischendecke reduziert. Durch neue große Fensterfronten in der Südwand und eine geschickt in die Decke integrierte Beleuchtung ist der Raum licht und einladend, nicht zuletzt durch die Westfassade mit ihrer Buntglasgestaltung in Grün- und Gelbtönen. Das große rundbogige Fenster wird zwar durch die eingezogene Decke geteilt, in der Gesamtsicht vom Altarraum aus wirkt es aber als Ganzes.
Die 1956 geweihte Kirche St. Ludger bot durch ihre Größe besondere Anforderungen beim Umbau. „Der Grundgedanke war, den Charakter des Kirchengebäudes zu erhalten“, beschreibt Monika Göddeker, verantwortliche Architektin, die Planungen, für die es bereits 2015 erste Gespräche gab. „Es ist nicht einfach, einfach zu planen, denn der Raum sollte ohne eine schwere Decke, aber auch ohne Stützen auskommen,“ sagt Göddeker, Geschäftsführerin des Architekturbüros Hülsmann aus Münster. Letztlich musste die Außenwand zwar durch Träger stabilisiert werden, doch die neue Zwischendecke überspannt den zehn Meter breiten Raum mit scheinbarer Leichtigkeit.
Moderrne Technik in traditionsreichen Räumen
Bernd Honermann freut sich als Kirchenvorstandsmitglied, dass für vieles moderne technische Lösungen gefunden werden konnten, etwa neue Elektroleitungen, eine neue Lüftung oder die Ausstattung des neuen Fußbodens mit Konvektoren.
Der Saal ist vom Kirchenraum durch eine bewegliche Trennwand abteilbar. Hier hat die Gemeinde nun ein neues Begegnungszentrum. „Ich hoffe, dass der Raum auch genutzt wird“, sagt Pfarrer Michael Mombauer. Er ist erst seit gut einem Jahr Pfarrer in Lünen, konnte aber den größten Teil der Bauphase begleiten. Mombauer wünscht sich, dass die neuen Räume nicht nur von der Ludger-Gemeinde, sondern auch für Veranstaltungen der anderen Kirchorten und von Alstedder Gruppen genutzt werden.
Kirche soll Begegnungszentrum für Menschen sein
Auch Monika Göddeker ist es wichtig, die Kirche als Begegnungszentrum zu erhalten, das in vielen Jahren um sie herum gewachsen sei: „Wir brauchen diese Orte. Das hat nichts damit zu tun, ob wir sonntags in die Kirche gehen.“ Sie ist stolz darauf, „dass die Gemeinde mit diesem Projekt ihre Mitte behält, nicht zerfällt, sondern einen Ort der Begegnung hinzugewinnt.“
Bei der Realisierung des Umbaus arbeiteten Göddeker, ihr Bauleiter Olaf Cauvet und Architektin Anna Luster-Haggeney vom Architekturbüro Hülsmann intensiv mit der Kirchengemeinde zusammen. Beate Galler als Verwaltungsreferentin der Pfarrei hatte alle Fäden in der Hand, tatkräftig unterstützt von Mitgliedern des Kirchenvorstands und des Gemeindeausschusses, die zahlreiche Arbeiten in Eigenleistung übernahmen.
Große Gemeinschaftsarbeit
Bernd Honermann war fast täglich auf der Baustelle. „Ich versuche immer, ein Auge offen zu halten“, beschreibt er sein Interesse daran, dass der Umbau reibungslos ablief. Dazu gehörten dann auch das Streichen von Wänden und andere handwerkliche Arbeiten.
„Das ist eine sehr engagierte Truppe“, freut sich Monika Göddeker anerkennend über die Zusammenarbeit mit der Kirchengemeinde. Göddeker: „Es macht einfach Freude, wenn wir merken, dass die Beteiligten mitmachen wollen. Dann ist so ein Projekt auch machbar, und das ist hier so.“
Erweiterungsfähiger Gottesdienstraum
Dabei weiß die Architektin auch, dass der Prozess bis zum Beginn des Umbaus für die Gemeinde nicht leicht war. „Als wir 2015 hier angefangen haben, hatten Teile der Gemeinde schon einen emotional schweren Weg hinter sich.“ Nach mehreren Gesprächsabenden über die Chancen und Möglichkeiten habe man sich dann geeinigt. Göddeker: „Dann wurde ein Schuh daraus, und die Mitglieder des Kirchenvorstands haben mitgezogen, mit viel Herzblut, das war zu spüren.“
Die Kirche als Gottesdienstraum ist zwar kleiner geworden, bietet aber immer noch mindestens hundert Menschen in den Kirchenbänken Platz. Bei Gottesdiensten mit einer großen Gemeinde kann der neue Saal als Erweiterung des Kirchenraums genutzt werden. Pfarrer Michael Mombauer wünscht sich sehr, dass die Menschen, die sich während des Umbaus anderweitig orientiert hatten, nun zurückkommen und die Kirche wieder mit Leben füllen – bei den Gottesdiensten und bei der Nutzung des neues Saals.
Vorzeigeobjekt für die Verbindung von Liturgie und Begegnung
In St. Ludger versteht man den Umbau der Kirche durchaus als Vorzeigeobjekt, wie ein Begegnungszentrum in eine Kirche integriert werden kann. Am 24. November, an dem mit dem Christkönigfest das Kirchenjahr zuende geht, beginnt mit der Segnung der umgebauten St.-Ludger-Kirche eine neue Ära für die Gemeinde, der dann die neuen Räume zur Verfügung gestellt werden. Beate Galler kann den Termin kaum erwarten: „Wir sind alle glücklich, dass es bald so weit ist“, sagte sie im Endspurt des Umbaus.