Themenwoche „Wie klappt's mit Inklusion in unseren Gemeinden?“ (2)

Inklusion im Pfarreirat - in Friesoythe seit Langem Realität

Anzeige

Auch Menschen mit Beeinträchtigung haben Sitz und Stimme im Pfarreirat von St. Marien Friesoythe. Manuela von Garrel diskutiert und entscheidet dort mit – und sieht noch Handlungsbedarf.

Barrierefreiheit ist ihr wichtig. „Auch im Gottesdienst.“ Wenn es im Pfarreirat von St. Marien Friesoythe etwas zu entscheiden gibt, überlegt Manuela von Garrel vorher immer, was das für Menschen mit Beeinträchtigung bedeutet. Zum Beispiel für ihre Kolleginnen und Kollegen beim Caritas-Verein Altenoythe. Dort arbeitet sie in der Näherei, seit bald 35 Jahren, seit ihrer Entlassung aus der Sophie-Scholl-Förderschule, einer Tagesbildungsstätte für geistige Entwicklung.

Wobei sie die Unterscheidung seltsam findet: in Menschen mit und Menschen ohne Beeinträchtigung. Eigentlich Unsinn, meint Manuela von Garrel mit einem Lächeln. „Wo fängt Beeinträchtigung denn an? Wenn ich Ihnen die Brille wegnehme, dann sind Sie doch auch beeinträchtigt, oder?“

Expertin für Menschen mit Beeinträchtigung

Seit sieben Jahren entscheidet sie im Beratungsgremium für die Kirchengemeinde im Kreis Cloppenburg mit. Der Pfarreirat hatte sie 2016 erstmals als Vertreterin der Menschen mit Beeinträchtigung berufen. Auch sie sollten über Sitz und Stimme verfügen, wenn über die Belange der Kirche vor Ort entschieden wird. Seither hört die selbstbewusste Frau aus der Caritaswerkstatt dort geduldig zu, meldet sich, wird nach ihrer Meinung gefragt und hebt bei Abstimmungen die Hand, entscheidet und gestaltet mit.

Täglich ist sie bei der Arbeit in der Näherei des Caritas-Vereins oder während der Pausen mit Kolleginnen und Kollegen zusammen, die meisten wie sie selbst Menschen mit Beeinträchtigungen. Auch aus den Begegnungen dort weiß sie: Für manche sind viele Dinge in der Kirche einfach „zu hoch“. Nicht nur Treppenstufen, sondern auch Texte. Das sei oft ein Problem, sagt Manuela von Garrel. Zumal längst nicht alle lesen oder schreiben könnten.

Viel zu selten Leichte Sprache

„Warum kann man in der Kirche nicht öfter Texte in Leichter Sprache benutzen?“, fragt sich die 52-Jährige. „Das ist in Gottesdiensten sehr wichtig, damit alle verstehen und mitsprechen können.“ Auch im Pfarrbrief gebe es bisher so etwas noch nicht. „Da sind wir aber dabei“, kündigt sie an.

Den ungehinderten Zugang in die Kirche hat Manuela von Garrel ebenso im Blick. Und ist froh, dass die St.-Marien-Kirche da zwar schon recht gut aufgestellt sei, etwa mit einer Seitentür mit elektrischem Türöffner. „So etwas findet man aber viel zu selten“, sagt sie.

Sie hat längst kein Lampenfieber mehr

Im Kircheninneren gingen die Schwierigkeiten vielerorts meist weiter. „Wenn Stufen zum Altarraum führen.“ Wie solle man als Rollstuhlfahrer da mitmachen, wenn der Priester dazu einlade, sich um den Altar zu versammeln? Oder wenn man Messen als Messdiener oder Lektor mitgestalten wolle?

Vor ihrer allerersten Sitzung des Pfarreirates im September 2016 sei sie noch ziemlich aufgeregt gewesen, sagt Manuela von Garrel. Aber das habe sich schnell gelegt. Lampenfieber hat sie längst nicht mehr. Heute ist es für sie eine normale Sache, wenn sie sich zur Sitzung aufmacht.

Anzeige