Katholische Arbeitnehmerverbände im Gespräch mit Politikern

KAB und Kolping starten Initiative gegen Lohndumping

  • Gegen die systematische Ausbeutung von Arbeitenden aus der Fleischindustrie wollen die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) im Bistum Münster und die Kolpfingfamilie Everswinkel gemeinsam vorgehen.
  • Dazu haben sie Kontakt mit Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) aufgenommen.
  • Würde und das Recht auf existenzsichernden Lohn müssten wieder in den Mittelpunkt gerückt werden, ist Hermann Hölscheidt, Diözesansekretär der KAB Münster, überzeugt.

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Gegen den Missbrauch von Arbeitsverträgen und die systematische Ausbeutung von Arbeitenden aus der Fleischindustrie wollen die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) im Bistum Münster und die Kolpfingfamilie Everswinkel gemeinsam vorgehen. Mit ihrer Initiative „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort“ und einem offenen Brief „Lohndumping nicht nur an Schlachthöfen“ wenden sie sich an die Verantwortlichen in der Politik. Das geht aus einer gemeinsamen Pressemitteilung von KAB und Kolping Everswinkel hervor.

Die zentralen Forderungen der katholischen Arbeitnehmerverbände: die Tarifflucht von Unternehmen stoppen, die Fürsorgepflicht der Arbeitgeber anmahnen, würdige Arbeit und Tariflöhne für alle Arbeitenden sowie faire Wettbewerbsbedingungen für den Mittelstand. In einem offenen Brief hatten sie den Angaben zufolge die Bundestags- und Landtagsabgeordneten aus dem Bistum Münster sowie die Landesregierung Nordrhein-Westfalen aufgefordert, sich für eine gesetzliche Regelung und branchenweite Tariflöhne einzusetzen.

 

Hubertus Heil kündigt Gesetzesinitiative an

 

Inzwischen habe es bereits mehrere Gespräche mit Abgeordneten gegeben, heißt es. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) habe bei einer Veranstaltung die Kritik der beiden Verbände bestätigt: „Wir haben in Deutschland durch Tarifflucht von Unternehmen bei den Arbeitnehmern eine Zweiklassengesellschaft“, sagte der Minister und kündigte eine Gesetzesinitiative gegen Lohndumping und zur Stärkung der Allgemeinverbindlichkeit von Lohntarifen an. Darin solle festgeschrieben werden, dass öffentliche Aufträge nur an tarifzahlende Unternehmen vergeben werden. 

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) versprach laut Angaben in einem Schreiben an die KAB und die Kolpingfamilie: „Wir werden mit Arbeitsminister Karl-Josef Laumann weiter daran arbeiten, dass die Tarifbindung gestärkt wird und es in einem fairen Wettbewerb gute Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen gibt.“

Der Bundestagsabgeordnete Marc Henrichmann (CDU) aus dem Kreis Coesfeld, wo im Frühjahr massenhaft Arbeiter einer Großfleischerei mit Corona infiziert waren, habe bei einem Treffen bekannt, Selbstkontrolle und Selbstverpflichtungen hätten auch ihre Grenzen: „Wo Vertrauen verspielt wurde, muss der Gesetzgeber handeln“, sagte er laut Pressemitteilung von KAB und Kolping. Neben gesetzlichen Regelungen für die Arbeitgeber brauche es auch eine Stärkung für die Arbeiter,  um ihre Rechte wahrzunehmen.

 

Kolping warnt vor Verteilungskämpfen

 

Politiker, KAB- und KolpingvertreterIm Gespräch über Lohndumping (von links): Michael Prinz, Hermann Hölscheidt (KAB), Sybille Benning (MdB), Johannes Röring (MdB), Reinhold Sendker (MdB), Werner Schniedermann (Kolping), Marc Henrichmann (MdB), Elisabeth Hönig (KAB), Pfarrer Pawel Czarnecki (Kolping) und Henning Rehbaum (MdL). | Foto: pd

Werner Schniedermann von der Kolpingfamilie Everswinkel erinnerte laut Pressemitteilung bei einem Treffen mit den CDU-Bundestagsabgeordneten aus dem Münsterland daran, dass viele Mitarbeiter im Niedriglohnsektor in der Corona-Krise für systemrelevant erklärt worden seien. Es habe zwar zurecht Applaus für Beschäftigte in Paketdiensten oder im Einzelhandel gegeben, aber nun dürfe man sie nicht weiter im Niedriglohnsektor stecken lassen.

Noch sei Deutschland eine Art „Lohndumpingparadies“, klagte der Kolping-Mann. Nun brauche es klare und einheitliche, gesetzliche Regelungen, die gerechte Löhne und gute Arbeitsbedingungen festlegen. Er warnte vor Verteilungskämpfen und einem Erstarken des Rechtspopulismus.

 

KAB: Altersarmut ist programmiert

 

Würde und das Recht auf existenzsichernden Lohn müssten wieder in den Mittelpunkt gerückt werden, ist Hermann Hölscheidt, Diözesansekretär der KAB Münster, überzeugt. Das komme der ganzen Gesellschaft zugute. „Soziale Ausgewogenheit in wirtschaftlich schwierigen Zeiten braucht Leitplanken wie die Tarifbindung, damit fairer Wettbewerb und faire Arbeitsbedingungen für alle möglich sind.“

Außerdem sei mit niedrigen Löhnen, massive Altersarmut programmiert. „Im Grunde ist eine Grundrente, die mit Steuermitteln gestützt wird, eine nachträgliche Subventionierung der Tarifflucht“, kritisiert Hölscheidt. Dagegen führten Tariflöhne zu höheren Renten und entlasteten die Rentenkasse.

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