Lengericher Sozialpfarrer warnt zugleich vor Schlupflöchern in der Fleischindustrie

Werkverträge: Sozialpfarrer Kossen begrüßt Kabinettsbeschluss

Der Lengericher Sozialpfarrer Peter Kossen hat die Gesetzesvorlage begrüßt, mit dem das Bundeskabinett Werkverträge und den Einsatz von Leiharbeitern in der Fleischindustrie verbieten will. Er warnte aber auch vor „Schlupflöchern“.

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Der Lengericher Sozialpfarrer Peter Kossen hat die Gesetzesvorlage begrüßt, mit dem das Bundeskabinett den Einsatz von Werkverträgen und Leiharbeitern in der Fleischindustrie verbieten will. „Ich beglückwünsche Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) für diesen mutigen Schritt“, sagte Kossen auf Anfrage von „Kirche-und-Leben.de“. Die Vorgaben, die ab dem 1. Januar 2021 in Kraft treten sollen, seien ein „Quantensprung für bessere Lebens- und Arbeitsverhältnisse“ der zumeist osteuropäischen Arbeiter. Kossen warnte aber davor, dass es auch künftig „Schlupflöcher“ geben werde.

Die Gesetzesvorlage sieht auch eine Pflicht zur elektronischen Arbeitszeiterfassung, Mindestanforderungen für Gemeinschaftsunterkünfte und eine erhöhte Arbeitsschutzkontrolle vor. Kossen wertete das als „wichtiges Zeichen“, das „sicher zu viel Gegenwind aus der Industrie“ führen werde.

 

Mechanismus der Ausbeutung wird geschwächt

 

Peter Kossen und Karl-Josef LaumannSozialpfarrer Peter Kossen aus Lengerich (links) im Gespräch mit NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU). | Archiv-Foto: Johannes Bernard

„Der bisherige Mechanismus der Abzocke und Ausbeutung in der Fleischindustrie wird durch das neue Gesetz geschwächt“, sagte Kossen. „Trotzdem wird es auch künftig Versuche geben, durch neue Konstrukte und Firmengeflechte die Verbote zu umgehen.“ Weil es in dieser Branche viel Geld zu verdienen gebe, sei auch das kriminelle Potenzial groß.

Es sei deshalb wichtig, kriminelle Strategien, wie sie in der Vergangenheit oft stillschweigend zugelassen wurden, künftig konsequent zu unterbinden. „Es muss immer klar sein, wer für Missstände zur Rechenschaft gezogen werden kann, Verschleierung muss unmöglich gemacht werden.“

 

Mündigkeit als wirksamstes Mittel

 

Als wichtige Maßnahme, um Leiharbeiter innerhalb der Betriebe vor Ausbeutung zu schützen, nennt Kossen ihre Übernahme in die Stammbelegschaft. Nur dann könnten Kontrollmechanismen etwa von Betriebsräten und Gewerkschaften auch für sie in vollem Umfang greifen.

Das „wahrscheinlich wirksamste Mittel“ gegen die Ausnutzung von Arbeitskräften in der Fleischindustrie sieht Kossen aber in einer Mündigkeit der Arbeiter. Es gehe darum, sie über ihre Rechte aufzuklären, sie in die Gesellschaft zu integrieren, ihnen Deutschunterricht zu ermöglichen und ihnen somit eine Lobby zu schaffen. „Nur dann sind sie sie nicht mehr so leicht manipulierbar.“

 

Was dem Gesetz fehlt

 

Dieser Aspekt kommt dem Priester im neuen Gesetzentwurf zu kurz. „Die geforderten Mindestanforderungen für Gemeinschaftsunterkünfte sind gut, dürfen aber nur ein erster Schritt sein“, nennt er als Beispiel. „Es muss darum gehen, die Arbeiter zu befähigen, eigenständig auf dem Wohnungsmarkt tätig zu werden.“

Kossen engagiert sich seit vielen Jahren für bessere Bedingungen der Leiharbeiter in der Fleischindustrie. Er hat den Verein „Aktion Würde und Gerechtigkeit“ gegründet, der sich für ihre Rechte einsetzt.

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