Interview mit Sozial-Pfarrer: Ein Schritt in die richtige Richtung

Tönnies stellt Werksvertags-Arbeiter ein – Kossen am Ziel?

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Als Reaktion auf das geplante Verbot von Werkverträgen hat die Großschlachterei Tönnies in Rheda-Wiedenbrück angekündigt, bis zum Jahresende rund 6.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einzustellen. Damit würden alle Beschäftigten aus den Bereichen Schlachtung und Zerlegung von den bisherigen Dienstleistern übernommen, teilte Firmenchef Clemens Tönnies am Mittwoch mit. Hat Sozialpfarrer Peter Kossen, der sich seit Jahren für die Belange von Werkvertragsarbeitern einsetzt, damit sein Ziel erreicht?

Pfarrer Kossen, wie bewerten Sie den Schritt der Firma Tönnies, 6.000 Werkvertrags-Mitarbeiter fest anstellen zu wollen? Augenwischerei oder ein Schritt in die richtige Richtung?

Die Firma Tönnies tut zum Jahresende das, wozu ein Gesetz die gesamte Fleischindustrie dann hoffentlich verpflichtet, nämlich in Schlachtung und Zerlegung nur eigenes Personal einzusetzen. Die aktuelle Ankündigung von Tönnies zeigt, dass dieses Unternehmen, und hoffentlich die ganze Branche, verstanden hat, dass jetzt Schluss ist mit dem massenhaften Missbrauch von Werkvertrags- und Zeitarbeit zu Zwecken von Lohn- und Sozialdumping.

Unverständlich bleibt, warum Tönnies nicht auch die anderen 4.000 Werkvertrags- und Leiharbeiter direkt in die Stammbelegschaft übernimmt. Arbeitskräfte in Reinigung, Verpackung und Logistik verdienten dieses Mindestmaß an Wertschätzung.

Glauben Sie, dass diese Maßnahme bei Tönnies auch ein Erfolg Ihrer langjährigen Proteste ist?

Die Unternehmen der Fleischindustrie tun jetzt das, wozu sie der Gesetzgeber zwingt, und sie tun es viel zu spät. Mag sein, dass der jahrelange Protest – längst nicht nur von meiner Seite – dazu beigetragen hat, den Gesetzgeber zum Handeln zu bewegen.

Sehen Sie mit der Festanstellung der Werksvertrags-Mitarbeiter einen Meilenstein Ihres Engagements erreicht? Was wäre ein nächstes Ziel?

Die Festanstellung der Arbeitskräfte in Schlachtung und Zerlegung sollte unbedingt diese Arbeitsverhältnisse zurückholen auf das Radar von Arbeits- und Sozialgesetzgebung und Behördenkontrolle. Dann wäre ein wichtiges Ziel erreicht.

Das gleiche Ziel muss für die Logistikbranche, das Reinigungsgewerbe, den Gemüseanbau, den Schiffsbau, das Baugewerbe und andere angestrebt und erreicht werden. Die Integration der Arbeitsmigrant*innen in unsere Gesellschaft zum Beispiel mit der realen Möglichkeit, die deutsche Sprache zu erlernen, muss von der Gesellschaft unbedingt als Herausforderung angenommen und geleistet werden.

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