„Friede sei mit euch“ – Themenwoche zu Ostern, Teil 9

Krieg und Angst – wie ein Militärseelsorger damit umgeht

Anzeige

Der Pallottiner-Pater Roman Fries ist Militärseelsorger in der Ahlener Westfalen-Kaserne und der Glückauf-Kaserne in Unna. 2019 war der 50-Jährige für viereinhalb Monate in Afghanistan. Was der Geistliche zum Krieg in der Ukraine sagt und wie er zu den Soldatinnen und Soldaten steht.

Im Kleiderschrank von Pater Roman Fries hängt neben verschiedenen liturgischen Gewändern ein oliv-brauner Flecktarn-Anzug. „Ein Schutzanzug, keine Uniform“, sagt der katholische Militärseelsorger, der rund 1.700 Soldatinnen und Soldaten in der Ahlener Westfalen-Kaserne und der Glückauf-Kaserne in Unna seit dem 1. Februar betreut.

Getragen hat der 50-jährige Pallottiner den Schutzanzug während seiner freiwilligen Einsatzbegleitung von Juli 2019 bis November 2019 in Afghanistan im Camp Marmal bei Masar-i-Sharif. Roman Fries wollte ein Gefühl dafür bekommen, wie es den Männern und Frauen fern der Heimat – getrennt von Familien, Partnern und Freunden – bei einem gefährlichen Einsatz geht.

Tägliche Einschränkungen

Als Militärseelsorger teilte Pater Fries mit der Einsatztruppe in dieser Zeit fast alle Einschränkungen des täglichen Lebens und die mögliche Bedrohung. Und das mitten in der Wüs­te. „Ich wollte mit der Brille des Militärseelsorgers die Situation innerhalb des Camps erleben.“
Dazu zählten auch die Erfahrungen von kameradschaftlicher Nähe und Verbundenheit. Einer müsse sich auf den anderen verlassen können. „Die Herausforderungen sind ganz andere als im Alltag am Heimatstandort“, berichtet der Pater.

Und die Bedrohungslage sei angespannt gewesen. Es habe immer mal wieder Alarm gegeben während seines Aufenthalts, aber keine schweren Zwischenfälle.

Gottesdienste im Auslandseinsatz

Eine besondere Belastung für die Soldatinnen und Soldaten sei die Trennung von der Familie. Mit und für die Einsatztruppe feierte der Militärpfarrer die heilige Messe – mal auf Englisch, mal auf Deutsch – und spendete die Sakramente. Sonntags lud er ein zu einem ökumenischen Wortgottesdienst. „Ich muss die Menschen dort abholen, wo sie stehen.“

Auch in der extremen Erfahrung von Verwundung, Sterben und Tod sind Militärgeistliche den Menschen in Uniform nahe. Wer seinen Beistand sucht, den fragt der Militärseelsorger nicht erst nach der Konfessionszugehörigkeit.

Gesprächsthemen der Soldaten

Die Gründe, warum Soldaten ein Gespräch mit Pater Fries suchen, sind vielschichtig. Sie betreffen ganz private Sorgen, zum Beispiel wenn ein Familienmitglied erkrankt oder gestorben ist. Die Frauen und Männer seien oft noch sehr jung – und kaum einer sei jemals über einen längeren Zeitraum und über eine so große Dis­tanz von Familie und Freunden getrennt gewesen.

„In den viereinhalb Monaten, in denen ich in der Einsatzbegleitung war, wurde mir schnell bewusst, dass die Heimat weit weg ist und dass es darum geht, mir hier im Camp so weit wie möglich eine neue Heimat, wenn auch zeitlich begrenzt, zu schaffen“, sagt Pater Fries. Ganz wichtig sei es, dem Alltag eine Struktur zu geben. Diese Struktur habe – rückblickend betrachtet – vermutlich den allermeis­ten geholfen, mit dieser Herausforderung umzugehen.

Nato sichert die eigene Ostflanke

Inmitten des Krieges in der Ukraine: Was machen die Unmenschlichkeit dieser Invasion russischer Truppen und Kriegsverbrechen an der Zivilbevölkerung mit den Soldatinnen und Soldaten? „Der Krieg beschäftigt die Soldaten sehr“, weiß Pater Fries. Zur Abschreckung Russlands baut die Nato die Präsenz an ihrer Ostflanke deutlich aus – auch mit deutschen Einheiten. „Jetzt geht es darum, verstärkt durch Übungsplatz-Aufenthalte notwendige Fähigkeiten einzuüben“, so Fries.

Die Unterstützung durch die Bundeswehr bei der Corona-Krise sei notwendig und gut gewesen, aber vieles andere, was zum ureigensten Dienst­alltag eines Soldaten oder einer Soldatin gehöre, sei mancherorts durch die Corona-Amtshilfe etwas zu kurz gekommen, betont Fries: „Das muss jetzt wieder nachgeholt werden.“

Angst der Soldatinnen und Soldaten

Viele Menschen haben jetzt Angst vor Krieg – auch in Deutschland. Könnte die Nato in das Kriegsgeschehen eingreifen? Ist ein Krieg in Deutschland möglich? Haben die Soldatinnen und Soldaten Angst davor, in den Krieg in Europa verwickelt zu werden?

Dazu Pater Fries: „Ich kann nur so viel sagen: Krieg ist unberechenbar, Angst auch. Deswegen kommt es jetzt darauf an, so gut wie irgend möglich auf alle denkbaren Szenarien vorbereitet zu sein. Die Bundeswehr wird das Ihrige dafür tun. Als Militärpfarrer in der Militärseelsorge versuche ich mich ebenso in enger Verbindung mit der Truppe darauf vorzubereiten. Als Militärseelsorger und Militärseelsorgerinnen stehen wir an der Seite der Soldatinnen und Soldaten – ganz gleich, wohin sie ausgesandt werden.“

Anzeige