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Annet Boelens lebt auf Ameland und betreibt die Gruppenunterkunft Kloosterhiem in Buren, die Platz für Ferienfreizeiten, Klassenfahrten und größere Familien bietet. Sie hat auch den Vorsitz des Vereins der Camphofbesitzer inne und vertritt die Lagerbetreiber gegenüber der Inselpolitik. Vor der Pandemie waren es noch 54 Lager, nun sind es nur noch 45, sagt sie. Über die aktuelle Situation und die Zukunft der Ferienlager spricht sie mit „Kirche-und-Leben.de“.
Frau Boelens, haben Sie nach der Corona-Pandemie überlegt, Ihren Platz für Ferienlager zu schließen und zukünftig einen Campingplatz oder Appartements anzubieten?
Nein, das kommt für mich nicht in Frage. Gerade beim Camping muss man bedenken, dass die Nachfrage nur im Juli und August da ist. Sonst ist das Wetter nicht gut genug. Zudem läuft meine Gruppenunterkunft nach Corona wieder sehr gut. Ich habe genug Gruppen, ich habe Schulklassen satt. Dieses Jahr fing für mich im März die Saison an. Das läuft jetzt noch bis November.
Jetzt haben neun Lager aufgegeben, die bei Ihnen im Verein auch Mitglied waren. Was waren die Gründe für die Aufgabe der Unterkünfte für Ferienfreizeiten und Schulklassen?
Ferienfreizeiten auf Ameland haben in den Pfarreien im Bistum Münster einen hohen Stellenwert. Aus keiner anderen deutschen Diözese fahren so viele Kinder auf die holländische Insel. Häufig sind die zwei Wochen der Höhepunkt ihrer Sommerferien. Das erste Mal ohne Eltern im Ausland, neue Freundschaften und das Lernen in einem Team zu arbeiten: Wer schon einmal auf einer Ferienfreizeit dabei war, erzählt meist sein ganzes Leben von den vielen Abenteuern. Aber haben Ferienfreizeiten auf Ameland eine Zukunft?
Der Grund war nicht unbedingt Corona. Aber Corona hat den Prozess beschleunigt, dass einige Lager geschlossen haben. Viele Lager entsprachen ohnehin nicht mehr den Ansprüchen der Zeit. Die hätten komplett renoviert werden müssen. Aber oftmals wollten die nachfolgenden Generationen die Lager nicht übernehmen.
Natürlich gab es auch Besitzer, die ihre Lager zu Appartements umgebaut haben. Die Corona-Pandemie hat dazu beigetragen, dass schneller Tatsachen geschaffen wurden. Einige Hofbesitzer waren sowieso schon an dem Punkt angelangt, keine Unterkünfte mehr für große Gruppen anbieten zu wollen.
Werden in Zukunft weitere Lager folgen, die ihre Höfe zu Appartements umbauen wollen?
Annet Boelens ist Vorsitzende des Vereins der Lagerbesitzer auf Ameland.
Von einigen weiß ich, dass sie mit dem Gedanken spielen, nur noch Appartements anbieten zu wollen. Einige Hofbesitzer wollen ihre Lager auch komplett aufgeben. Der Grund ist oft, dass die Besitzer zu alt sind, um ihren Hof instand halten zu können.
Den aktuellen Lagerbestand kann man in drei Arten aufteilen: Es gibt sehr alte Unterkünfte, an denen einiges gemacht werden müsste. Die kosten dann die Betreiber nicht viel, aber das Lager ist in keinem optimalen Zustand. Dann gibt es Lager, die kommen ganz gut mit, die werden gut instandgehalten. Außerdem haben wir einige, die sind sehr modern, die haben genug Duschen, Bäder und Räume und genügen den Ansprüchen der Zeit.
Trotz der Aufgabe einiger Lager ist die Nachfrage nach den Unterkünften durch Schulklassen und Ferienfreizeiten noch enorm hoch. Auch nach Corona.
Bemerken Sie denn generell einen Wandel des Tourismus auf der Insel?
Ja und nein. Wir haben über das Jahr ohnehin verschiedene Gruppen auf der Insel. Im Frühjahr an den Brückentagen sind viele Familien hier. Dazwischen kommen viele Schulklassen. Dann kommen die deutschen Ferienfreizeiten, die holländischen Gruppen und im Herbst dann wieder Familien.
Auf Ameland haben wir eigentlich fast jede Art von Touristen. Wir haben die schicken Leute, die in Nes in den schicken Restaurants sitzen, wir haben die Schulklassen, die Freizeiten, Pärchen, ältere Menschen und Familien.
Doch die kleinen Ferienhäuser und Hotels werden immer wichtiger. Die Gruppe der schicken Leute wird größer. Und auch die Angebote für sie werden auf der Insel mehr. Aber diese Menschen kommen nur zwei, drei Mal auf die Insel, dann wird denen die Insel zu klein. Die Familien und Lager kommen jedes Jahr wieder, manchmal sogar mehrmals im Jahr. Eigentlich passt es so, wie es jetzt ist.
Schauen wir in die Zukunft: Werden in zehn Jahren noch alle Ferienfreizeiten aus Deutschland ein Lager auf Ameland finden?
Das kommt auch darauf an, wie die Ferien vor allem in den Bundesländern Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen liegen. Wenn die Ferien alle auf denselben Zeitpunkt fallen, haben wir ein Problem. Wenn wir die Ferien zusammenrechnen, haben wir beispielsweise dieses Jahr zehn Tage weniger. Dann können nicht alle Gruppen 14 Tage hier sein.
Die Ferienfreizeiten sind aber generell weiterhin auf der Insel willkommen?
Ja, es ist noch genug Platz. Aber die Ferienfreizeiten werden hier nicht mehr so toleriert, wie früher. Es gibt viele Menschen hier auf der Insel, die wollen keine Ferienfreizeiten mehr. Die wollen mehr Ruhe, nicht mehr so viel Hektik und nicht so eine volle Insel. Die Gruppenunterkünfte, die es jetzt noch gibt, haben genug zu tun und eine hohe Nachfrage.