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Der Umgang kirchlicher Verantwortlicher mit Missbrauchsfällen löst immer mehr Unverständnis aus, zumal in Fällen wie dem des zweimal weltlich verurteilten Priesters A., der in drei Bistümern - darunter Münster - tätig war. Ulrich Waschki findet in seinem Gastkommentar, mit allgemeinen Schuldanerkenntnissen ist es nicht länger getan.
Wieder einmal sorgt der Umgang führender Kirchenleute mit sexuellem Missbrauch für Schlagzeilen. Elf Bischöfe waren beteiligt, über mehrere Jahrzehnte den als Missbrauchstäter zweifach verurteilten Pfarrer A. zwischen drei Bistümern hin und her zu verschieben.
Wer hat verheimlich, wer hat nicht bestraft?
Der Kölner Erzbischof Kardinal Woelki, aus dessen Bistum Pfarrer A. stammt, bedauert das Versagen von ... ja, von wem eigentlich? Woelki: „Es ist nicht auf warnende Stimmen gehört worden“, „es ist verheimlicht worden“, „es ist nicht bestraft worden“. Diese Formulierungen suggerieren, niemand habe konkret Verantwortung gehabt. Wer hat nicht gehört? Wer hat verheimlicht? Wer hat nicht bestraft?
Das grammatikalische Subjekt in Woelkis Sätzen hat keine Namen. Die stehen vielleicht in dem Gutachten einer Anwaltskanzlei, das der Kardinal unter Verschluss hält – angeblich aufgrund rechtlicher Bedenken und aus Qualitätsgründen. Woelki muss man zugutehalten, dass er Pfarrer A. dann endlich aus dem priesterlichen Dienst entfernt und ein kirchenrechtliches Verfahren eingeleitet hat. Aber der Umgang mit Verantwortung und Schuld nicht nur in Köln ist unfassbar.
Wer ist „das Erzbistum“?
Der Autor
Ulrich Waschki (46) ist Geschäftsführer und Chefredakteur der Verlagsgruppe Bistumspresse in Osnabrück. Er stammt aus Rheine.
Das Erzbistum Köln schreibt auf seiner Homepage: „Das Erzbistum Köln ist erschüttert darüber, dass ein Priester, der zweimal rechtskräftig verurteilt wurde, dennoch weiter in der Seelsorge tätig war.“ Das Erzbistum ist erschüttert. Aha. Aber wer ist das Erzbistum?
Am Ende tragen konkrete Menschen Verantwortung. Mit Namen. In einem Bistum sind es vor allem der (Erz-)Bischof und sein Generalvikar. Im Fall A. wohl auch der immer noch amtierende oberste Kirchenrichter Kölns.
Wann werden Schuldanerkenntnisse konkret?
Gerade Kardinal Woelki gehört zu denen, die die verantwortliche Rolle des Priesters und Bischofs durch aktuelle Reformdiskussionen bedroht sehen. Zu dieser Rolle gehört aber auch, Verantwortung zu tragen, wenn es schwierig wird. Natürlich ist es einfach und manchmal auch zu billig, den Rücktritt eines Bischofs zu fordern. Die stetigen Beteuerungen und allgemeinen Schuldanerkenntnisse aber werden schal, wenn sie nicht konkret werden.
Dieses Desaster aus nicht eingelösten oder gebrochenen Aufklärungsversprechen und leeren Schuldeingeständnissen muss ein Ende haben. Wann endlich übernimmt ein Amtsträger spürbar Verantwortung und tritt zurück?
Die Positionen der Gastkommentare spiegeln nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von „Kirche+Leben“ wider.