Offener Brief von 50 Betroffenen an Deutsche Bischofskonferenz

Missbrauchsopfer befürchten geringe Entschädigung wegen Corona

Betroffene sexuelle Missbrauchs befürchten, dass sich Entschädigungs- oder Anerkennungszahlungen aufgrund der Corona-Krise verzögern oder dass diese ganz ausfallen könnten. Darum haben sie einen Offenen Brief an die Bischöfe geschrieben.

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Betroffene von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche haben sich in einem Offenen Brief an den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, gewandt. Darin äußern sie die Befürchtung, dass sich eventuelle Entschädigungs- oder Anerkennungszahlungen aufgrund der Corona-Krise verzögern oder dass diese ganz ausfallen könnten.

„Müssen wir als Betroffene damit rechnen, dass eine Weiterentwicklung der Anerkennung dem Rotstift zum Opfer fällt?“, fragen sie in dem am Donnerstag in Weilerswist veröffentlichten Schreiben mehrerer Verbände und Initiativen. Schon jetzt gebe es aufgrund der Pandemie Haushaltssperren in einigen Bistümern.

 

Warnung vor Verzögerung

 

Die Unterzeichner warnen zudem vor Verzögerungen. Denn etliche von ihnen seien inzwischen alt und krank. Es sei möglich, dass „der immer wieder herausgeschobene Zeitpunkt einer möglichen Antragsstellung“ für viele zu spät komme. „Uns scheint es zunehmend so, als wollten Bischöfe auf Zeit spielen und als sei ihnen das Schicksal der Betroffenen gleichgültig“, heißt es in dem Brief. Er ist von fast 50 Mitgliedern aus Betroffeneninitiativen aus ganz Deutschland unterzeichnet.

Die deutschen katholischen Bischöfe hatten im Herbst 2019 beschlossen, die Entschädigung neu zu regeln und deutlich auszuweiten. Über die Höhe der Entschädigung und die Frage, ob das Geld aus Kirchensteuern bezahlt werden soll, gab es zunächst keine Einigung. Eine von der Bischofskonferenz eingesetzte Arbeitsgruppe hatte zunächst Entschädigungen von bis zu 400.000 Euro empfohlen.

 

Bischofskonferenz: Keine Reaktion auf Offene Briefe

 

Im Frühjahr 2020 fassten die Bischöfe einen Grundsatzbeschluss für ein neues Konzept zur Wiedergutmachung. Demnach orientiert sich die Kirche an der geltenden zivilrechtlichen Schmerzensgeld-Tabelle und entsprechenden Gerichtsurteilen. Diese sehen für sexuellen Missbrauch derzeit Summen zwischen 5.000 und 50.000 Euro pro Fall vor.

Für die Deutsche Bischofskonferenz sagte ihr Sprecher Matthias Kopp der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), man reagiere grundsätzlich nicht auf Offene Briefe, bestätige aber den Eingang des Briefes beim Vorsitzenden: „Im Frühjahr hat die Deutsche Bischofskonferenz Grundsätze zum Verfahren der materiellen Anerkennung erlittenen Leids beschlossen und angekündigt, bis zum Herbst Konkretisierungen vorzulegen. Auf verschiedenen Ebenen wird daran seit Monaten gearbeitet und der Zeitplan bis jetzt eingehalten.“

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