Platz 3: Ehrenamtspreis des Bistums Münster 2020

„Nightline“ hat ein offenes Ohr für Studierende mit Sorgen

Platz 3 Ehrenamtspreis des Bistums Münster: „Nightline“ hat ein offenes Ohr für Studierende mit SorgenVideo: Michael Bönte

„Studierende sind in einer speziellen Lebenslage“, sagt Yannick Janßen, Ansprechpartner der „nightline“. „Manchmal wollen die Anrufer aber auch einfach nur loswerden, dass ihr Tag Mist war.“

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Die offiziellen Bürozeiten in der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster sind längst vorbei, da klingeln in einem Raum immer noch die Telefone. Die Nummer, die hier ab 21 Uhr angewählt wird, ist nicht die der Verwaltung oder Studienberatung.  Die Anrufer suchen Kontakt über die „nightline“, ein Angebot von Studierenden für Studierende. Bis ein Uhr nachts haben über das Semes­ter verteilt insgesamt etwa 40 Ehrenamtliche ein offenes Ohr für die Sorgen der Anrufer – sechs Tage die Woche.

„Studierende sind in einer speziellen Lebenslage“, sagt der Ansprechpartner für das Projekt, Yannick Janßen. „Sie erleben einen Umbruch im Leben, da ist das Bedürfnis zu reden, manchmal groß.“ Da es oft genug auch um Themen geht, für die Kommilitonen, Freunde oder Angehörige nicht die passenden Ansprechpartner sind, ist die „nightline“ ein wichtiges, weil ano­nymes Angebot geworden.

 

„Viele wollen einfach nur helfen“

 

Ins Gespräch kommen vor allem zwischenmenschliche Dinge, weiß Janßen. „Die Studierenden bringen oft familiäre Probleme mit in den neuen Lebensabschnitt.“ Beziehungsfragen, Einsamkeit in der fremden Stadt oder Stress in der Wohngemeinschaft gehören auch dazu. Es gibt zudem studientechnische oder organisatorische Fragen, für die Hilfe gebraucht wird. „Die Unzufriedenheit mit dem eigenen Studiengang und der Gedanke an einen Wechsel der Fachrichtung sind dabei.“ Klassisch, gerade zum Ende der Semes­ter, sind auch Prüfungsängste. „Manchmal wollen die Anrufer aber auch einfach nur loswerden, dass ihr Tag Mist war.“

Gut, dass es bei der „nightline“ dann Kontaktpersonen gibt, die selbst studieren. „Für sie sind die Situationen nicht fremd.“ Alle Fachrichtungen sind unter den Mitarbeitern vertreten, von den Rechtswissenschaften über die Wirtschaftswissenschaften bis zum Ingenieurwesen. „Ein Großteil unseres Teams kommt wegen der inhaltlichen Nähe aber aus den Bereichen Soziale Arbeit und Psychologie.“ Der Ansporn im Team ist unterschiedlich, sagt Janßen. „Viele wollen einfach nur helfen, andere suchen Erfahrungen in diesem Bereich, wieder andere kommen, weil sie selbst einmal so eine Hilfe vermisst haben.“

 

Von Sponsoren und Spendern finanziert

 

Es geht vor allem ums Zuhören. Die Rückfragen sind zurückhaltend, sollen den Anrufer erst einmal lediglich motivieren, Dinge loszuwerden. Für die Gesprächsführung werden die Helfer geschult und in Fortbildungen begleitet. Wichtig ist dabei, dass sie wissen, wann andere, spezialisierte Hilfe gebraucht wird. „Wir nennen dann professionelle Beratungsangebote und Einrichtungen.“
Seit 2007 gibt es die „nightline“ bereits, der Wechsel bei den Ehrenamtlichen ist groß.

Nachwuchsprobleme gibt es aber nicht. „In der Regel melden sich Interessierte von selbst, wenn sie von uns hören.“ Im Schnitt bleiben sie ein bis zwei Jahre und übernehmen über das Semester verteilt einige Abenddienste. Schulung und Begleitung werden von Sponsoren und Spendern finanziert.

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