Lengericher Seelsorger auf dem Podium beim Katholikentag

Pfarrer Kossen: Arbeiter in der Fleischindustrie werden „verschlissen“

  • Sozialpfarrer Peter Kossen aus Lengerich prangert seit Jahren die Arbeitsbedingungen von Migranten in der Fleischindustrie an.
  • Auch die Kirche kritisierte er bei einem Podium auf dem Katholikentag in Stuttgart für ihr überwiegendes Schweigen.
  • Zusammen mit ihm diskutierten Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck und Sozialethikerin Marianne Heimbach-Steins aus Münster.

Anzeige

„Als Christen sind wir aufgerufen, Anwälte für die zu sein, die keine Stimme haben.“ Seit Jahren prangert Pfarrer Peter Kossen aus der Lengericher Pfarrei Seliger Niels Stensen die unmenschlichen Arbeitsbedingungen der Migrantinnen und Migranten in der Fleischindustrie, inzwischen auch bei den Paketdiensten und der Gebäudereinigung an. Die Kirche schaue oftmals schweigend zu, übte Kossen beim Katholikentag in Stuttgart auch Kritik an kirchlich Verantwortlichen, berichtet die Bischöfliche Pressestelle.

„Arbeit fairteilen – wertvoll arbeiten statt prekär“ – so war das Podium überschrieben, zu dem Kossen neben Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck, Kerstin Griese (SPD), Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesarbeitsministerium, sowie der Sozialethikerin Marianne Heimbach-Steins aus Münster eingeladen war.

„Moderne Sklaverei“ nicht hinnehmen

Bewusst zynisch eröffnete Kossen das Podium: „Die Menschen arbeiten elf Stunden täglich an sechs Tagen in der Woche, leben in Bruchbuden und werden bis zur Totalerschöpfung regelrecht verschlissen.“ Seine Empörung darüber treibe ihn an, auf diese Form „moderner Sklaverei“ aufmerksam und sich für eine Verbesserung der Arbeits- und Lebensverhältnisse starkzumachen. Das 2021 nach den Corona-Ausbrüchen in der Fleischindustrie in Kraft getretene Arbeitsschutzkontrollgesetz sei in diesem Zusammenhang nur ein Anfang. Für Kossen muss es weitergehen: „Gerechtigkeit ist leistbar und zahlt sich aus.“ Dafür brauche es jedoch Mut.

Neben dem Mut zum politischen Handeln forderte der Priester, den Migranten mit Wertschätzung zu begegnen – weil sie erstens Menschen seien und zweitens Arbeiten übernehmen würden, für die sich nur schwer jemand finden lasse. Sie in die Gesellschaft zu integrieren, sei außerdem eine verpflichtende Aufgabe.

Ohne Angst vor Fleischindustrie

Angst kenne Kossen im Kampf gegen die Fleischindustrie nicht: „Ich lasse mir nicht die Welt erklären.“ Bei einem Vieraugengespräch mit Fleischunternehmer Clemens Tönnies aus Rheda-Wiedenbrück habe er dem Unternehmer mal gesagt: „Wenn wir beide an den gleichen Gott glauben, dann können wir jederzeit neu anfangen.“

Anzeige