CDU-Mann aus Nottuln stammt aus dem katholischen Verbandswesen

„Sozialkatholik“ Schiewerling leitet Rentenkommission der Koalition

Für Karl Schiewerling (CDU) ist die katholische Soziallehre Leitplanke des politischen Engagements. Nun leitet der Mann aus Nottuln die neue Rentenkommission der Bundesregierung.

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Dass Karl Schiewerling (67) beim Thema Rente weiter am Ball bleiben wollte, hatte er angekündigt. Seit September gehört der CDU-Politiker aus dem Münsterland nicht mehr dem Bundestag an. Doch ein Leben als Rentner ist nicht die Sache des profilierten Sozialpolitikers: „Ich werde weiter in der Vertreterversammlung der Deutschen Rentenversicherung Westfalen arbeiten“, kündigte der Vater von drei Kindern bei seinem Abschied an.

Inzwischen sind Aufgaben hinzugekommen: Zusammen mit der Sozialdemokratin Gabriele Lösekrug-Möller leitet Schiewerling die von Union und SPD vereinbarte Rentenkommission, die am Mittwoch zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammenkam. Unter der Überschrift „Verlässlicher Generationenvertrag“ soll sie sich mit der Alterssicherung ab dem Jahr 2025 befassen. Als Mitvorsitzender kann Schiewerling von einem dichten Beziehungsgeflecht unter Sozialexperten profitieren - über Parteigrenzen hinweg.

 

Von Sozialpolitik und päpstlichen Enzykliken

 

Er sei „zutiefst in der katholischen Kirche beheimatet“. Das christliche Menschenbild und die katholische Soziallehre hätten ihn geprägt, betont der Sozialexperte, der in Nottuln im Kreis Coesfeld lebt.

Schiewerling kann Sozialpolitik noch mit päpstlichen Enzykliken begründen: „Die Päpste weisen immer wieder darauf hin, dass Löhne dann menschenwürdig sind, wenn man davon leben kann.“

Menschenwürde, Subsidiarität und Solidarität sieht er als Leitplanken des Sozialsystems: Jeder müsse bereit sein, das zu tun, was er kann. Aber wer Hilfe brauche, solle sie auch bekommen.

 

Aus der katholischen Verbandsarbeit

 

Schiewerling steht für die immer seltener werdende Spezies eines CDU-Politikers, der aus der kirchlichen Verbandsarbeit kommt. Der in Essen geborene Sohn eines christlichen Gewerkschafters war nach der Ausbildung zum Industriekaufmann zunächst von 1970 bis 1973 bei der Mannesmann-Röhrenwerke AG tätig. Anschließend durchlief er den Kosmos katholischer Verbände: als Sekretär beim Verband der Katholiken in Wirtschaft und Verwaltung, beim Bund der Deutschen Katholischen Jugend und zuletzt beim Kolpingwerk im Bistum Münster. Den NRW-Landesverband des Sozialwerks leitete er von 2002 bis 2017 im Ehrenamt.

2005 zog er erstmals als Direktkandidat aus dem Kreis Coesfeld in den Bundestag ein. Lange gehörte er dem Bundesvorstand der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA) an. Die Arbeits- und Sozialpolitik wurde schnell zum Schwerpunkt, spätestens in dem Moment, als der heute 67-Jährige 2009 zum Vorsitzenden der Arbeitsgruppe „Arbeit und Soziales“ seiner Fraktion gewählt wurde.

 

Realismus bei der Rente

 

Bei zahlreichen Themen brachte er katholische Positionen ein: Bis 2017 leitete er den Kardinal-Höffner-Kreis, einen informellen Zusammenschluss von Christen in der Unionsfraktion. Die „Ehe für alle“ lehnte er ab. Beim Sonntagsschutz betonte er, es müsse „wieder mehr um den Menschen an sich gehen - nicht um seine Verfügbarkeit für Konsum und Wirtschaft“.

Bei der Rente plädiert der Sozialexperte für Realismus: Das Rentensystem könne angesichts der wachsenden Zahl von Empfängern nur funktionieren, wenn die Wirtschaftsleistung stimme. Die schrittweise Anhebung des Eintrittsalters auf 67 Jahre verteidigt er. Ob sich aus der weiter steigenden Lebenserwartung eine Anhebung des Renteneintrittsalters auf 70 Jahre ergeben könnte, lässt er offen.

 

Die Arbeitgeber gefordert

 

Schiewerling setzt eher auf flexiblere Übergänge in den Ruhestand - Stichwort Teilrente und Flexirente. „Wer bis 70 oder länger arbeiten möchte, kann dies auf freiwilliger Basis im Einvernehmen mit seinem Arbeitgeber heute schon tun“, betont er. Es gebe auch viele Rentner, die feststellten, dass „alle Vogelhäuschen gebaut, alle Gärten umgegraben und alle Dachrinnen repariert sind“ und deshalb wieder ein paar Stunden arbeiten wollten.

Gefordert sieht er aber auch die Arbeitgeber: Eine längere Lebensarbeitszeit werde nur dann akzeptiert, wenn genügend altersgerechte Arbeitsplätze zur Verfügung stünden und der Arbeitnehmer überzeugt sei, dass sich längeres Arbeiten für ihn mehr lohne als eine möglichst frühe Rente.

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