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Der Theologe und Psychotherapeut Wunibald Müller sieht Priester nicht ausreichend auf die verpflichtende Ehelosigkeit vorbereitet. Dies geschehe, „weil man das zölibatäre Leben oft spirituell überhöht hat“ , sagte Müller am Sonntag im Interview mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Würzburg. Er leitete 25 Jahre das Münsterschwarzacher Recollectio-Haus für Priester in Lebenskrisen. Die Einsamkeit bei Priestern nehme zu. Bei vielen verschärfe sich dieses Gefühl mit dem Alter.
Müller reagierte auf einen öffentlichen Brief von elf Priestern aus dem Erzbistum Köln, die dieses Jahr den 50. Jahrestag ihrer Weihe feiern. In dem Schreiben an den Klerus und die Öffentlichkeit beklagen sie unter anderem Einsamkeit und regen eine Debatte über die verpflichtende Ehelosigkeit bei Priestern an.
Gefühl der Isolation
Die oft nicht selbst gewählte Einsamkeit sorge für ein Gefühl der Isolation und des Alleingelassenseins, erklärte Müller weiter. Das Bedürfnis nach Zweisamkeit komme nicht zum Zug. Diese Leere ersetzten manche durch zu viel Essen und Trinken. „Eine weitere Tendenz, das zu kompensieren, ist Cybersex im Internet. Das hat bei kirchlichen Mitarbeitern und Priestern in den letzten Jahren zugenommen.“
Der ehemalige Leiter des Recollectio-Hauses wiederholte seine Forderung, die Zölibatspflicht aufzuheben. „Es wäre schön, wenn man genauer hinschauen und entsprechend entscheiden könnte, was für ein Charisma eine Person hat: hat sie das Charisma für ein eheloses Leben oder ist es für sie besser zu heiraten.“ Die Bischöfe rief Müller auf, sie mögen „sich in Rom bei der Frage des Zölibats mehr zum Anwalt ihrer Priester machen, sich dafür stark machen, dass es frei gestellt wird“