Jens Joest über die Präsidentenwahl in den USA

Was Donald Trump von christlichen Werten trennt

Anzeige

Donald Trump und Joe Biden kämpfen bei der US-Präsidentenwahl auch um die Stimmen von Katholiken und anderen Christen. Dabei zeigt zum Beispiel die neue Enzyklika „Fratelli tutti“ von Papst Franziskus, wie weit Trump von christlichem Handeln entfernt ist, meint unser Redakteur Jens Joest.

Einig wie selten ersehnt die demokratische Welt eine Abwahl von US-Präsident Donald Trump am 3. November. Auch wenn Herausforderer Joe Biden auf Jahrzehnte politischer Erfahrung verweisen kann, etwa als Vizepräsident unter Barack Obama – sein stärkstes Argument auch bei den Wählern ist wohl: Er ist nicht Trump. Was Biden ist: Er ist Katholik. Käme er ins Amt, wäre er der zweite katholische US-Präsident; der erste war John F. Kennedy.

Amtsinhaber Trump hat mit Religion nichts zu tun; er instrumentalisiert sie allenfalls im Wahlkampf. Mit Hinweisen in Richtung der Abtreibungs-Gegner, er „verteidige das Recht auf Leben“. Mit inszenierten Auftritten mit Bibeln vor Kirchen, die selbst religiösen Amtsträgern peinlich sind.

 

Trump und die Mauern

 

Wie weit Trumps Politik von christlichen Werten entfernt ist, zeigt die neue Enzyklika „Fratelli tutti“. In Abschnitt 27 etwa beklagt Papst Franziskus die Versuchung, „Mauern im Herzen“ hochzuziehen. Wer Mauern errichte – die weiter unfertige Grenzmauer zu Mexiko war ein Wahlversprechen Trumps 2016 –, werde „zum Sklaven innerhalb der Mauern, die er errichtet hat, ohne Horizonte“.

Der Papst kritisiert nationalistische Tendenzen und Feindlichkeit gegenüber Migranten, er rügt moralisches Versagen, Polarisierung und Populismus. Trump dagegen propagiert „America first“, er negiert das Rassismusproblem in den USA, unter anderem belegt durch Videos von Polizeieinsätzen. Und seine Regierung versagt im Kampf gegen Covid-19. Auch, weil der Präsident trotz überstandener Infektion den Ernst der Pandemie verkennt und damit mehr als 200.000 Corona-Tote in den USA verhöhnt.

 

Die Realität spricht gegen ihn – aber reicht das?

 

Trump ist 2016 auf einer Wut-Welle gegen Washington ins Amt gesurft. Diese Spaltung der Gesellschaft hat er vier Jahre lang bewusst vertieft. Hat sich nur darum gekümmert, was seine Anhänger hören wollten. Hat demokratische Gegner beleidigt und diskreditiert. Hat nachweislich tausendfach gelogen.

Die Realität spricht gegen Donald Trump. Und doch ist nicht sicher, ob genügend Wähler das wahrnehmen. Die Hoffnung steht auf jedem US-Geldschein: „In God we trust.“ Wir vertrauen auf Gott.

Anzeige