Michael Rottmann zu „Containern“ und Erntedank

Wir bestrafen die Falschen!

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Der Umgang mit abgelaufener, aber noch nicht verdorbener Ware, wirft ein Schlaglicht auf die perversen Widersprüche unserer Wegwerf-Gesellschaft mit ihrer verschwenderischen Ex-und-hopp-Mentalität, meint unser Redakteur Michael Rottmann in seinem Kommentar.

Wer in Deutschland beim „Containern“ erwischt wird, muss mit Strafe rechnen. Das hat gerade erst das Bundesverfassungsgericht bestätigt: Wer abgelaufene Joghurts, Konserven oder aussortiertes Gemüse für den Eigenbedarf aus einem verschlossenen Abfall-Behälter hinter einem Supermarkts fischt, kann also vorerst weiterhin dafür belangt werden.

Eigentum ende nicht am Haltbarkeitsdatum, argumentieren die Juristen und verweisen auf die geltende Rechtslage. Doch eben diese Rechtslage hinterlässt bei den meisten Deutschen ein mulmiges Gefühl. Das hat das Ergebnis einer Forsa-Umfrage jetzt bestätigt: Neun von zehn der mehr als tausend befragten Bundesbürger halten das Container-Verbot für falsch. Wohl auch deshalb, weil sie spüren: Da stimmt etwas nicht.

 

Auch vernichtete Lebensmittel enthalten wertvolle Schöpfungs-Ressourcen

 

Fest steht: Der Umgang mit abgelaufener, aber noch nicht verdorbener Ware, wirft ein Schlaglicht auf die perversen Widersprüche unserer Wegwerf-Gesellschaft mit ihrer verschwenderischen Ex-und-hopp-Mentalität.

Rund 18 Millionen Tonnen Lebensmittel landen bei uns Jahr für Jahr in der Tonne. Dabei kos­ten auch vernichtete Lebensmittel wertvolle Schöpfungs-Ressourcen: Wasser, Land, Energie.

 

Gesetzesänderung nach französischem Vorbild?

 

Sicher, Containern rettet nicht die Welt. Aber warum müssen sich ausgerechnet diejenigen, die damit auf die Folgen von Konsumwahn und Verschwendung aufmerksam machen, ins Unrecht setzen? Sollten wir stattdessen nicht besser die Verschwendung und Vernichtung von Lebensmitteln unter Strafe stellen? Das Erntedankfest ist ein guter Zeitpunkt, darüber nachzudenken.

Es wird Zeit, dass die Politik endlich neue gesetzliche Rahmenbedingungen für den Umgang mit überschüssigen Lebensmitteln schafft. Anregungen, wenn nicht gar eine Blaupause dafür, kann sie sich in Frankreich holen. In unserem Nachbarland müssen Supermärkte mit mehr als 400 Quadratmetern Verkaufsfläche unverkäufliche Lebensmittel schon seit 2016 an soziale Einrichtungen spenden.

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