Aussage im Rechtsstreit des Kölner Kardinals mit der "Bild"-Zeitung

Zeugin: Ich sprach mit Woelki über Missbrauchsvorwürfe gegen Priester

  • Im Rechtsstreit zwischen der "Bild"-Zeitung und dem Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki hat die langjährige Sekretärin von dessen Vorgänger Joachim Meisner ausgesagt.
  • Sie berichtete, Woelki in einem Telefonat über Vorwürfe in einem bestimmten Missbrauchsfall unterrichtet zu haben.
  • Woelki beförderte den damals Beschuldigten später.

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Neue Details zum Streit zwischen der "Bild"-Zeitung und dem Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki: Die langjährige Sekretärin von dessen Vorgänger Joachim Meisner sagte am Mittwoch vor dem Landgericht Köln aus. In dem presserechtlichen Verfahren berichtete die heute 72-Jährige, wie sie um das Jahr 2010 den damaligen Kölner Weihbischof Woelki in einem rund 20-minütigen Telefonat über Missbrauchsvorwürfe gegen einen Priester informierte. Den Geistlichen beförderte Woelki später in seiner Zeit als Erzbischof.

Im Rahmen des Gerichtsverfahrens hatte der Kardinal an Eides statt versichert, er habe zum Zeitpunkt der Beförderung des Priesters 2017 von dessen sexuellem Kontakt mit einem minderjährigen Prostituierten und von noch weiteren Gerüchten gehört, Details aus der Personalakte aber nicht gekannt. Fürsprecher des Pfarrers hätten ihm erklärt, keines der Gerüchte habe sich je bestätigt.

Mitarbeiterin war mit beschuldigtem Priester befreundet

Die Ex-Sekretärin räumte ein, sie habe weder die Personalakte noch das Polizeischreiben gesehen und daher darüber auch nicht mit Woelki gesprochen. Jedoch habe sie ihm über ihre eigenen Erfahrungen mit dem Priester berichtet, mit dem sie befreundet gewesen sei.

Der Geistliche habe ihr einen sexuellen Kontakt mit einem Prostituierten gestanden und ihr erzählt, dass er mit Messdienern in die Sauna gehe. Sie sei eigens auf kirchliche Jugendfahrten mitgereist, um ihn ermahnen zu können, "wenn er wieder anzüglich wurde bei den Jugendlichen".

Freundschaft beendet

Während einer Rom-Reise habe er mit Messdienern Unterhosen mit Penis-Darstellungen gekauft. Im Mai 2009 habe sie die Freundschaft beendet, "weil ich nachts nicht mehr schlafen konnte und es nicht mehr ausgehalten habe mit meinem Gewissen".

All das habe sie Woelki während des Telefonats berichtet, das zwischen Mai 2009 und vor Woelkis Ernennung zum Erzbischof von Berlin im Juli 2011 stattgefunden habe. Auch mit dem 2017 gestorbenen Meisner, dem früheren Generalvikar und heutigen Weihbischof Dominikus Schwaderlapp sowie dem Personalchef und derzeitigen Hamburger Erzbischof Stefan Heße habe sie gesprochen.

"Das Lügen muss aufhören"

Die Einladung des Gerichts habe sie sehr belastet, so die Frau. Sie habe sich aber für die Aussage entschieden, "weil ich denke: Das Lügen muss aufhören."

Woelkis Rechtsbeistand Carsten Brennecke betonte nach der Verhandlung, die Zeugin habe nicht bestätigt, dass Woelki bei der Beförderung des Priesters Inhalte der Personalakte gekannt habe. Dagegen betonte Rechtsanwalt Manuel Banck für den Axel-Springer-Verlag, in dem "Bild" erscheint, Woelki habe von den Vorwürfen gewusst, "ob er sie nun aus der Personalakte kannte, oder sonstwoher".

Prozess wird fortgesetzt

Die Verhandlung wird am 7. Dezember fortgesetzt. Dann soll der frühere Interventionsbeauftragte des Erzbistums, Oliver Vogt, aussagen.

In mehreren Artikeln hatte die "Bild"-Zeitung Woelki Vertuschung von Missbrauch vorgeworfen. Mit Blick auf einen anderen Missbrauchsfall, dem des ehemaligen "Sternsinger"-Chefs Winfried Pilz, belasten den Kardinal Aussagen einer anderen Kirchenmitarbeiterin. Ihr Interview löste staatsanwaltschaftliche Ermittlungen gegen den Erzbischof wegen falscher eidesstattlicher Versicherung aus.

Update 17.50 Uhr: Reaktion der Anwälte ergänzt sowie Details zum weiteren Verlauf des Prozesses.

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