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Die Nutzung von Kirchensteuermitteln für Schmerzensgeldzahlungen an Betroffene sexualisierter Gewalt will der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf nicht ausschließen. "Wenn es so weit käme, dass die Zinserträge des Bistumsfonds nicht mehr ausreichen und Kirchensteuermittel nötig werden, müssten wir noch einmal neu überlegen", sagte er der "Rheinischen Post": "Moralisch gesehen sind wir fast schon in einer Haftungsgemeinschaft." Bisher werden die Gelder meist aus Sonderfonds und anderen Quellen bezahlt, um die Kirchensteuerzahler nicht in Mithaftung zu nehmen.
Hintergrund sind Prozesse in Köln und Traunstein. In beiden Verfahren stehen Schmerzensgelder von rund 300.000 Euro im Raum. Das Landgericht Köln hatte im Juni entschieden, das Erzbistum Köln solle einem missbrauchten früheren Messdiener die bislang höchste Summe von 300.000 Euro zahlen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. In Traunstein ist nach Angaben des Gerichts in diesem Jahr nicht mehr mit einem Urteil zu rechnen.
Verwunderung über "niedrige Beträge"
Die Urteile dürften für alle Bistümer relevant sein, so Kohlgraf. Der zivilrechtliche Weg stehe jedem Betroffenen offen, allerdings müsse dort jeder Fall einzeln genau geprüft werden. Im Unterschied zum Verfahren bei der von der katholischen Kirche geschaffenen Unabhängigen Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA) müssten auch alle Details der Tat offengelegt werden.
"Ob das jeder Betroffene durchhalten will und kann, ist letztlich seine Entscheidung." Allerdings habe ihn schon verwundert, welche niedrigen Beträge zur Anerkennung des Leids manchmal festgesetzt würden.
Auch Kommission deutet Veränderungen an
Zuletzt hatte auch die UKA-Vorsitzende Margarete Reske angekündigt, Betroffene in der katholischen Kirche könnten nach Abschluss der Prozesse vermutlich mit höheren Zahlungen rechnen. Es könne gegebenenfalls auch zu einer grundsätzlichen Anpassung kommen: "Wir werden uns - wie das auch bisher geschehen ist - im oberen Bereich der von staatlichen Gerichten zuerkannten Beträge halten."