Sommerliche Ausflugsziele im Bistum Münster, Teil 10

Blütezeit mit 120 Mönchen - Abtei Marienfeld bei Harsewinkel

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Es muss nicht immer die ganz große Urlaubsreise sein. Im Bistum Münster gibt es viele schöne, traditionsreiche Orte, die einen Tagesausflug lohnen. Redakteurinnen und Redakteure von „Kirche-und-Leben.de“ verraten, wo man wunderbar entspannen kann und auch der Seele etwas Gutes tut. Heutige Empfehlung: die 1188 gegründete Zisterzienserabtei Marienfeld bei Harsewinkel, deren Kirche vor 800 Jahren vollendet wurde. Bis zu 120 Mönche lebten hier.

Vorher sind unten Wiesen und Äcker, oben blauer Himmel und wie keck hingetupft weiße Schäfchenwolken, dazwischen viel, breiter Horizont. Dann führt die Straße unterm dunkelgrünen Dach mächtig großer, sicher jahrhundertealter Eichen und Buchen her. Und schließlich steht da das Torbogenhaus. Auf einmal wird es eng und düs­ter für ein paar Meter – das ist Klosterpädagogik, die über Pflastersteine schrittweise zum Ankommen zwingt. Dann aber breitet sich das große Kloster-Carré vor dem Auge aus, weitet sich alles und lässt wie von selbst kräftig durchatmen. 

Umfriedete Freiheit, geschützte Weite. Eine andere Welt, damals wie heute, die zugleich heimisch und geborgen sein lässt. Darum bin ich gern hier und zeige es gern Freunden auf Besuch: das Kloster Marienfeld, ganz am östlichsten Rand des Bistums Müns­ter, zur Stadt Harsewinkel gehörig, schon im Kreis Gütersloh. 

Westfälisches Kloster mit 120 Mönchen

Sehr westfälisch: die roten Backsteinbauten von Klosterhof ringsum und barockem Abteigebäude vorn rechts. Aber auch mit französischem Esprit – nicht nur wegen des spätromanischen und frühgotischen Stils der Kirche, sondern vor allem, weil hier Zisterzienser lebten, und deren Ursprung liegt in Cîteaux im Burgund. 1098 begannen sie dort, ein machtverdorbenes benediktinisches Mönchtum zu seinen Wurzeln hin zu erneuern.

Keine 50 Jahre später gab es bereits 344 Klöster dieses Reformordens – und bald darauf, 1185, kam Marienfeld hinzu, gegründet vom Kloster Hardehausen, der ersten Zisterzienserabtei Westfalens im heutigen Kreis Höxter. Als 1222 die Abteikirche geweiht wurde – pünktlich zur 800-Jahrfeier ist sie frisch renoviert zu bestaunen –, erlebte das Kloster bereits seine erste Blütezeit: Wohl mehr als 120 Mönche gehörten damals zur Gemeinschaft.

Das Einfache - und einige barocke Ausreißer

Buchtipp:
Spiritueller Begleiter auf dem historischen Jakobsweg von Bielefeld nach Wesel
Ich bin dann mal hier
Michael Bönte (Hrsg.) | 144 Seiten | 3 Euro
ISBN 978-3-944974-07-1
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Weniger ist mehr, das Einfache beeindruckender als die Schnörkelei, das Wesentliche reicht fürs Wesentlich-Sein: So lebten die Mönche damals, so bauten sie, und wahrscheinlich ist es dieses Klare und Erhabene, das auch noch Menschen wie uns so merkwürdig anrührt.

Zugegeben: In Marienfeld muss man ein bisschen abstrahieren, sich hier und da prachtvolle Ausreißer wegdenken, auch wenn man damit der Barockorgel von Johann Patroclus Möller ganz sicher Unrecht tut, der mit 41 Registern größten in Westfalen. Dasselbe gilt für den mächtigen Hochaltar aus derselben Zeit, dessen Mittelbilder dem Kirchenjahr entsprechend getauscht werden können. Dasselbe gilt auch für die Kanzel  mit ihren faszinierend plastischen Figuren. 

Devise: Ganz einfach leben

Doch schon das Chorgestühl, wenngleich Form und Farbgebung auf das Jahr 1795 zurückgehen, stammt im Kern noch so eben aus der Zeit des Kirchbaus und ist so das älteste in Westfalen, gar das älteste Zisterzienser-Chorgestühl in Deutschland, wie es im Kirchenführer heißt.

Der Raum selber aber, im Ebenmaß der sandsteinernen Bögen und Säulen, in der Eleganz der feinen gotischen Lettner, atmet die Schlichtheit von „Ganz-einfach-Leben“. Es verbietet sich nicht etwa Ablenkung und Zerstreuung, sondern begnügt und bereichert sich mit dem Wesentlichen: mit sich, Gemeinschaft, Arbeit, Gebet, Gott. So menschlich, diese Mönche!

Was vom Kreuzgang übrigblieb

Wem der barockisierte Innenraum nicht passt, um dem in aller äußeren und inneren Ruhe nachzuspüren, dem sei der einzig verbliebene Teil des großen, 1803 nach Säkularisierung und Vertreibung der letzten zwölf Mönche zerstörten Kreuzgangs empfohlen. Er ist heute Werktagskapelle für Eucharistie und Stundengebet, mit mönchisch-schlichter, aber doch moderner Bestuhlung. Sie stammt aus der Zeit, als von 2004 bis 2021 wieder benediktinisches Leben in Marienfeld einzog – mal in einer Mini-Gemeinschaft, mal in einem einzigen Mönch. Als er gehen sollte, gab es im Klosterhof großen Protest.

Im benediktinischen Geist der Gastfreundschaft fühle dennoch sicher nicht nur ich mich hier geborgen. Dasselbe gilt für Pilger des westfälischen Jakobswegs, zu dem die Abtei gehört. Und sicher geht es auch jenen so, die im Klosterladen nach Büchern stöbern (mittwochs bis samstags, 14 bis 18 Uhr), im hervorragenden Restaurant und Hotel Rast machen oder (nur am Wochenende) im Klostercafé. 

800 Jahre Klosterkirche Marienfeld
Das 800-jährige Weihejubiläum der Abteikirche Marienfeld begeht die Gemeinde mit einer Reihe von Veranstaltungen. Am 13. August um 19 Uhr etwa wird die Marienvesper von Claudio Monteverdi aufgeführt. Am 3. Oktober gestalten Chöre aus dem Kreisdekanat Warendorf ein großes Friedenssingen im Klosterhof. Ebenfalls im Oktober werden laut Pfarrbrief die Regensburger Domspatzen zu Konzert und Gottesdienstgestaltung erwartet.
Höhepunkt des Jubiläums ist eine Festwoche vom 29. Oktober bis zum 6. November 2022, unter anderem mit einem Vortrag des Münsteraner Kirchenhistorikers Norbert Köster am 3. November und einem Festhochamt mit Bischof Felix Genn am 6. November. Weitere Informationen auf der Homepage der Pfarrei St. Lucia Harsewinkel.

 

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