Teil 4: Mirco Quint / Japan

„Die Weltsynode sollte Verschiedenheit als Bereicherung verstehen“

Anzeige

Was denkt die Weltkirche über die Weltsynode? Kirche-und-Leben.de hat Menschen rund um den Globus gefragt – über die Meinung im Land und ihre eigene. Und welche Rolle der Synodale Weg in Deutschland spielen könnte. Teil 4: Mirco Quint aus Japan.

Was erwartet die Kirche in Ihrem Land von der Weltsynode?

Die Kirche in Japan ist sehr von dem hierarchischen Leitungsmodell der Kirche geprägt. Bischöfe und Priester (ständige Diakone gibt es keinen einzigen im Land) werden in den kirchlichen Strukturen alle Entscheidungskompetenzen überlassen. Entscheidet der Bischof, wird diese Entscheidung nicht hinterfragt; beim Pfarrer ist es oft genauso. Beratungs- und Leitungsgremien wie Pfarrgemeinderat, Kirchenvorstand oder Diözesanrat, die durch das engagierte Mittun und Entscheiden von Ehrenamtlichen geprägt sind, gibt es nur in sehr wenigen Gemeinden – oft auf freiwilliger Basis der dortigen Pfarrer.

Das Thema „Synodalität“ ist daher für die Kirche in Japan von außergewöhnlichem Interesse. Darunter versteht sie vor allem die Frage nach einer guten Weise, Ehrenamtliche in Entscheidungsgremien einzubinden und ihnen Gehör und eine Stimme zu geben.

Welche Bedeutung könnte dabei der Synodale Weg in Deutschland spielen?

Der Autor:
Mirco Quint (45) stammt aus Bochum-Wattenscheid im Bistum Essen. Seit 2021 ist er Pfarrer der katholischen Pfarrei deutscher Sprache in Japan und lebt in Tokio.

In den vergangenen Monaten bin ich immer wieder von verschiedenen Gruppen eingeladen worden, über den Synodalen Weg in Deutschland hier in Japan zu berichten. Der Priesterrat der Diözese Tokio gehörte zum Beispiel zu den interessierten Zuhörern; auch die Gemeinschaft im nationalen Priesterseminar. Die japanische Kirche schaut mit großer Skepsis auf den Synodalen Weg. Dies liegt vor allem daran, dass die Kirche in Deutschland sich seit vielen Jahren und Jahrzehnten anders aufgestellt hat. Die Einbindung und aktive Teilhabe Ehrenamtlicher in Entscheidungs- und Leitungsprozesse innerhalb der Kirche in Deutschland, aber auch die zahlreichen von Laien geführten kirchlichen Vereine und Verbände sind für die japanischen Christen etwas Neues. Wo ich persönlich die Kirche in Deutschland als demokratisch erlebe, erlebe ich die Kirche hier in einem großen Vakuum. Daher rührt es auch, dass die Kirche in Japan das Tempo des Synodalen Wegs nicht mitgehen kann. Die Veränderungsprozesse in der Kirche müssen hier in Japan noch viel grundlegender beginnen. Deutschland ist durch die schon seit jahrzehntelanger Einbindung von Ehrenamtlichen in allen Ebenen kirchlichen Lebens viel weiter. Die Frage der Synodalität ist für Deutschland daher eine andere. Die Antworten, die für Japan erhofft werden, müssen auch andere sein.

Was ist Ihre persönliche Hoffnung für die Weltsynode?

Von der Weltsynode erhoffe ich mir ein Zuhören und Lernen der verschiedenen Länder und Ortskirchen weltweit untereinander und voneinander. Es wird uns als weltweite Glaubensgemeinschaft guttun, Unterschiede nicht als trennend, sondern als „katholisch“ (allumfassend) zu verstehen. Dabei können die verschiedenen Traditionen, die sich über Jahrhunderte entwickelt haben, gegenseitig bereichern. Für die Kirche in Deutschland wünsche ich mir, dass sie die herausragende Vordenkerarbeit (durch den Synodalen Weg) in die Weltsynode einbringen kann. Zugleich wünsche ich mir aber auch, dass sich die deutsche Kirche als eine lernende und zuhörende Kirche versteht, die sich nicht selbst mit ihren eigenen Gedanken über Andere erhebt. Vielmehr soll sie Traditionen und Sichtweisen anderer christlicher Kulturen anerkennen und wertschätzt – auch die Kirche in Deutschland kann von anderen Kirchen der Welt lernen.

Anzeige