Teil 1: Ilja Lapato / Belarus

„Ich bezweifle, dass die Weltsynode eine Revolution auslöst“

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Was denkt die Weltkirche über die Weltsynode? Kirche-und-Leben.de hat Menschen rund um den Globus gefragt – über die Meinung im Land und ihre eigene. Und welche Rolle der Synodale Weg in Deutschland spielen könnte. Teil 1: Ilja Lapato aus Belarus.

1. Was erwartet die Kirche in Ihrem Land von der Weltsynode?

Die Kirche in Belarus hat große Hoffnung, dass die Weltsynode zugunsten der Weltkirche stattfindet und dort auch die Stimmen der belarussischen Katholiken gehört werden. Auf Diözesanebene wurden drei wichtigen Bedürfnisse angesprochen: ständige Formation der Geistlichen und Laien, die Rolle der Frauen im kirchlichen Alltag, Arbeit mit Jugendlichen.

Man muss auch sagen, dass an der Befragung relativ wenige Menschen teilnahmen (einige Hunderte der offiziell eine Million Katholiken im Land), sodass die Bischofskonferenz die Ergebnisse der Befragung als nicht repräsentativ bezeichnete.

Die Laien hoffen, dass ihre Stimme gehört wird. Die Bischöfe erhoffen, dass die Teilnahme an der Synode den Alltag der Kirche in Belarus zeigt, der nicht immer mit den Herausforderungen der Weltkirche übereinstimmt. Der einzige Vertreter der belarussischen Kirche auf der Synode – ein Bischof – hat deutlich gemacht, dass die Weltkirche eine eigene Meinung bezüglich der geschiedenen, polygamen und jenen Menschen mit einer nicht-traditionellen sexuellen Orientierung haben muss, ohne dabei die kulturellen Bedingungen zu beachten. Der Bischof meinte, dass eine unterschiedliche Herangehensweise der Partikularkirchen gefährlich sei, da sie die kirchliche Einheit beeinflusse und Verwirrung bei den Menschen erzeuge.

2. Welche Bedeutung könnte dabei der Synodale Weg in Deutschland spielen?

Der Autor:
Ilja Lapato (34) arbeitet seit Mai 2023 als Referent für Medien- und Öffentlichkeitsarbeit bei der Katholischen Studierenden-Gemeinde (KSHG) und dem Bischöflichen Studierendenwerk in Münster. Er hat in Minsk Printmedien studiert und danach als Journalist und Redakteur unter anderem für die Bischofskonferenz in Belarus gearbeitet. Seit 2019 promoviert er an der Universität Münster zu Veränderungen im Verhältnis zwischen Katholischer Kirche und Staat in Osteuropa.

Der Synodale Weg in Deutschland hat vier Richtungen bestimmt: Sexualmoral, Lebensformen des Klerus, Macht und ihre Aufteilung sowie die Rolle der Frauen in der Kirche.

Was ich mag: Die Katholiken in Deutschland haben keine Scheu, etwas gegen Konservatismus der Kirche zu sagen und manchmal auch gegen einzelne Kleriker aufzutreten. Unter dem Motto: Wenn es dir nicht gefällt, sag es laut oder macht es neu. In Belarus ist der Umgang mit dem Klerus aufgrund der längeren atheistischen sowjetischen Vergangenheit anders – Kritik geschieht sehr dezent.

Die kirchlichen Prozesse sind aber weltweit sehr ähnlich. Die Entschlossenheit, mit der die Gläubigen in Deutschland agieren, kann Prozesse aktivieren, die für andere Ländern genauso wichtig sind, dort aber aus unterschiedlichen Gründen eher im Schatten bleiben.

Auch in Belarus wird über den Synodalen Weg Deutschlands berichtet. Es werden oft die Meinungen der Bischöfe der Weltkirche zitiert, die den Synodalen Weg als eine eigene Vision der Deutschen kritisieren, da diese Vision von anderen abweicht: als hätten die Menschen in Deutschland die Synode auf eigene Weise verstanden. Allerdings kann ich Ziele und Motive der deutschen Katholiken bei der Synode nachvollziehen. Meiner Meinung nach liegt das Unverständnis oft an der falschen Interpretation.

3. Was ist Ihre persönliche Hoffnung für die Weltsynode?

Die Intention des Papstes finde ich sehr schön und inspirierend. Die Laien haben endlich das Gefühl, gehört und wahrgenommen zu werden.  

Als Christ hofft man immer auf ein ideales Bild: vernünftige Entscheidungen der Kirchenmänner und die Bereitschaft der Kirchen, diese Beschlüsse umzusetzen. Der realistische Blick auf bisherige Synoden zeigt aber, dass es oft bei Diskussionen und Gesprächen bleibt. Von daher bezweifle ich sehr, dass die Weltsynode eine Revolution in der Kirche beginnt – etwa ein anderer Umgang mit gleichgeschlechtlichen Paaren oder die Kommunion für geschieden-Wiederverheiratete. Da bin ich nicht so optimistisch.

Ich finde es aber wichtig, dass solche Themen überhaupt diskutiert werden. Das ist wichtig vor allem für Länder wie Belarus, wo diese Fragen – wenn überhaupt – eher unter sich und halbflüsternd angesprochen werden. Auch wenn sie für die katholische Kirche in Belarus momentan nicht brandaktuell sind, bedeutet es nicht, dass das immer so bleiben wird.

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