Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz über Synodalen Weg

Eklat? War da was? Bischof Bätzing vor Vollversammlung in Fulda

Anzeige

Die 69 Diözesan- und Weihbischöfe beginnen in Fulda ihre traditionelle Herbstvollversammlung. Sie steht zwischen der vierten Synodalversammlung in Frankfurt mit seinem Eklat und dem „Ad-Limina-Besuch“ der Bischöfe im Vatikan. Der Vorsitzende Bischof Georg Bätzing äußerte sich vor Medienvertretern auffallend gelassen. Beobachtungen von Chefredakteur Markus Nolte.

Nicht mal der Himmel weiß, was er will. Über Fuldas Dom scheinen dunkelschwarze Wolken an den beiden Kreuzen der Doppeltürme festzuhängen. Dreht man sich hingegen um, strahlt die Sonne auf den großen, leeren Barockplatz.

Ein paar Meter weiter tritt Georg Bätzing in einem eher wenig schmuckvollen Pfarrsaal vor die Kameras und Mikrofone der Medienvertreter, bevor die Herbstvollversammlung der Bischofskonferenz traditionsgemäß am Grab des heiligen Bonifatius, des Apostels der Deutschen, beginnt.

„Krisenhafte Situation“

Vor knapp drei Wochen noch hat Bätzing in der Synodalversammlung in Frankfurt von einer „krisenhaften Situation“ gesprochen: seine souverän-abgeklärte Weise, sicherheitshalber eine Wache vor seinen Mund zu stellen (um es mit Psalm 141 zu sagen), damit Enttäuschung und Wut nicht allzu harsch nach außen dringen. Die „krisenhafte Situation“, die der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz umschrieb, war ein handfester Skandal, ein Eklat, weil die Bischöfe mit ihrer Sperrminorität gleich bei der ersten Abstimmung wider alle Erwartung den Grundlagentext zur Sexualmoral gekippt hatten.

Einen Abend lang stand im Raum, dass das dem Gesamtunterfangen Synodaler Weg ähnlich ergehen könnte. Es folgten Krisensitzungen - und danach hatten sich die Bischöfe wohl irgendwie immer wieder zusammengerissen; sämtliche weitere Dokumente gingen anstandslos durch. Der Schock aber über dieses Verhalten von mehr als einem Drittel der Bischöfe, der saß tief und steckt nach wie vor nicht nur vielen Laien in den Knochen. Darüber sei in Fulda zu sprechen, hatte Bätzing am Ende der Delegiertenversammlung angekündigt. Das klang sehr entschlossen. Sogar ein bisschen wie eine Drohung.

Eine Frage der „Optik“

Georg BätzingBischof Georg Bätzing vor Medienvertretern zur Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in Fulda. | Foto: Markus Nolte

Davon ist zweieinhalb Wochen später nicht mehr viel zu spüren. Jetzt steht derselbe Bätzing in Fulda vor der Presse, in wenigen Minuten wird er die Herbstvollversammlung eröffnen. Er spricht vor den Medienleuten über dieses und jenes, was alles nicht auf der Agenda steht. Über den massiven Rechtsruck nach der Parlamentswahl in Italien („eine Gefahr für Europa“), den Krieg in der Ukraine („Die Teilmobilmachung zeigt: Es ist wirklich Krieg. Alle Bemühungen Russlands, das herunterzuspielen, ziehen nicht mehr“), über die Stellungnahme des Deutschen Ethikrats zum assistierten Suizid („sehr differenziert“, „große Übereinstimmung mit unseren Positionen“). Das alles aber steht, wie gesagt, nicht auf der Tagesordnung.

Und dann kommt er auch auf den Synodalen Weg zu sprechen. Bätzing sagt - so recht hört man nicht heraus, ob er das bedauert oder einfach attestiert -, die „Optik“ gehe doch stark auf den durchgefallenen Text. Um gleich im nächsten Satz zu trösten, das sei aber doch auch wirklich der „erste und bisher einzige Text von vielen Grund- und Handlungstexten, der nicht die Mehrheit gefunden hat“. Alle anderen seien ja mit großen Mehrheiten durchgekommen. Immerhin, schwingt in der Luft. Dabei geht es natürlich nicht nur um den Text, sondern um das Verhalten der Bischöfe.

Was die Bischöfe „beschäftigen“ wird

Es werde die 69 Bischöfe „beschäftigen“, sagt Bätzing schließlich, „wie wir mit diesen Entscheidungen umgehen“. Man werde „darum ringen, wie wir den Menschen in Fragen der Sexualmoral ein Zeichen geben können“.

Vor allem aber, und das wiederholt auch Generalsekretärin Beate Gilles wenig später, sei jetzt „Synodalität auf Dauer gestellt“. Dafür solle der Synodale Ausschuss sorgen, der dann einen Synodalen Rat auf die Beine stellen soll. Auf Dauer. Man wird sehen, ob und wie schnell das gelingt.

Schwester Katharina Kluitmann bei den Bischöfen

Jetzt in Fulda, sagt Gilles, soll aber doch auch „Rückschau gehalten werden darüber, was in Frankfurt passiert ist“: „Wie haben die Bischöfe das erlebt? Wie haben sie auch das Feedback erlebt?“ Dazu sollen zwei Weihbischöfe vortragen - wer, ist unbekannt - und dazu zwei Gäste von außen. Die sind bekannt: Der eine ist Johan Bony, Bischof von Antwerpen und einer der Beobachter der jüngsten Synodalversammlung.

Die andere ist die Franziskanerin Katharina Kluitmann aus Münster, die mit viel Verzweiflung, Wut und Mut in der Stimme nach dem Eklat von Frankfurt einen Satz gesagt hat, der vielhundertfach über die Sozialen Netzwerke geteilt wurde: „Es kann doch nicht sein, dass wir Gläubigen dauernd bei den Bischöfen bleiben müssen - und die bleiben nicht mehr bei uns!“

Osters „unversöhnliche Positionen“

Ob die Bischöfe auch ihr eigenes Verhalten reflektieren und problematisieren, ihre Verantwortung, die von den Nein-Sagern vorgebrachten Argumente von „Bindung an den bischöflichen Eid“ bis zum nicht ausgehaltenen Druck, die Frage auch, ob sie in der Diskussion um den Umgang mit klerikaler Macht bereit sind, davon auch beim Synodalen Weg schon etwas abzugeben - davon sprach Bätzing vor der Presse nichts.

Da mag überdies der Passauer Bischof Stefan Oster von „unversöhnlichen Positionen“ in der Bischofskonferenz gesprochen haben - der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz gibt sich gelassen. Das sei nichts Neues, sagt er: „Die Einmütigkeit der Bischofskonferenz ist seit Langem ein Wunsch, um den wir uns bemühen, aber wir sind in Positionen different.“

Unerwartet kämpferisch, dann auffällig unaufgeregt

Er weiß auch darum, dass bestimmte Gruppen in Rom „Politik machen“ und gibt sich überraschend kämpferisch: „Das müssen wir ausräumen.“ Im November schließlich werden die deutschen Bischöfe mit coronabedingter zweijähriger Verspätung zum „Ad-Limina-Besuch“ im Vatikan, beim Papst und in den Dikasterien erwartet.

Bätzing will sich auffällig unaufgeregt nicht von seinem Weg abbringen lassen. Wenn Bischof Oster das so sagt mit den unversöhnlichen Positionen, bitteschön. Jeder müsse sich beim eigenen Schopf packen und sich fragen, wo er auf andere zugehen kann, mahnt Bätzing freundlich. „Immer nur mit Nein zu stimmen, ist sicher nicht der Weg.“ Und ergänzt: „Zweidrittel bis Dreiviertel der Bischöfe sagen: Wir müssen uns bewegen, es braucht Reformen, die vor der Lehre nicht haltmachen.“ Dieser Spagat zwischen Lehre und Praxis sei nicht zuletzt den Seelsorgenden und den Gläubigen nicht mehr zuzumuten.

Was geschieht im Saal des Fuldaer Schlosses?

Eben das allerdings hat der Eklat von Frankfurt geschafft: Mehr als ein Drittel der deutschen Bischöfe halten diese Zumutung nicht nur für zumutbar, sondern für den einzig möglichen Weg. Und so hängt diese unzumutbare Zumutung neben dem Eklat von Frankfurt zäh wie die dunklen Wolken an den goldenen Kreuzen der Domtürme zu Fulda fest - bewegungslos über der Vollversammlung der Bischöfe.

Was sie drinnen, coronabedingt erneut im prunkvollen Saal des Fuldaer Schlosses, reden, ob sie streiten, ob die Fetzen fliegen, ob sie unversöhnt nebeneinander schweigen oder sachlich miteinander streiten, ob sie die "krisenhafte Situation" geistlich miteinander ertragen oder synodal durchdringen - das alles wird, großteils anders als in der Synodalversammlung von Frankfurt, draußen eher niemand en detail erfahren.

Aber ob das jenseits des Grabs des heiligen Bonifatius, des Apostels der Deutschen, noch irgendwen im Land interessiert?

Anzeige