Serie „Das Schöne bleibt“ (7) – aus Ennigerloh

Erzählfreundschaften übers Telefon - Projekt gegen Einsamkeit im Alter

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Das Leben ist durch die Corona-Pandemie kräftig durchgeschüttelt worden. Die Beschränkungen betrafen viele Lebensbereiche, so auch das Gemeindeleben. Viele Ideen und Innovationen sind in den Gemeinden des Bistums Münster entstanden, die nun dauerhaft fortgeführt werden. Mit diesen Neuheiten beschäftigt sich unsere Serie "Das Schöne bleibt". Teil sieben führt uns nach Ennigerloh.

Unter dem Motto „Das Telefon klingelt – Hörer abnehmen – Neue Bekanntschaften machen“ haben ältere Menschen in Ennigerloh die Möglichkeit, neue Kontakte zu knüpfen. Freiwillig engagierte Frauen und Männer stehen als Gesprächspartner zur Verfügung. Sie setzen Zeichen für ein soziales Miteinander in Zeiten zunehmender Vereinsamung.

In der Corona-Pandemie und mit den damit einhergehenden Besuchsbeschränkungen ist in Ennigerloh im Kreis Warendorf die Idee entstanden, Gesprächsmöglichkeiten per Telefon anzubieten. Das Projekt „Muna“ für neue Erzählfreundschaften entstand.

Das Wort steht für „Miteinander und nicht allein“. „Muna“ ist ein Projekt des St.-Josef-Hauses in Ennigerloh, das zum Pflege- und Betreuungsnetzwerk der St.-Elisabeth-Stift gGmbH mit Sitz in Sendenhorst gehört. Gefördert wird es vom Land Nordrhein-Westfalen.

 

Alternative zur aufsuchenden Seniorenarbeit

 

„Mit dieser Initiative möchten wir Menschen in Ennigerloh, Enniger, Ostenfelde und Westkirchen mehr zusammenbringen. Gegen Isolation im Alter hilft nur: gemeinsam statt einsam“, sagt Frauke Santos Sáez. Sie leitet das Projekt.

Das Angebot ist im August 2020 gestartet. Dann kam im Winter der Corona-Lockdown. „Nichts ging mehr. Keine aufsuchende Seniorenarbeit, keine Begegnungen“, erinnert sich Santos Sáez an die vergangenen Monate.

 

Teilhabe stärkt Gesundheit

 

In der Zusammenarbeit mit den Akteuren „Haus der Senioren Ennigerloh“, „Neustart Innenstadt Ennigerloh – Quartiersmanagement“ und der örtlichen Caritas-Sozialstation entwickelte sich deshalb die Erzählfreundschaft. „Es ist eine Möglichkeit, per Telefon in Kontakt zu treten. Gerade in der jetzigen Zeit, wo wichtige soziale Kontakte durch Besuche weggefallen sind, kann ein Austausch über das Telefon eine gute Alternative sein“, sagt die Diplom-Pädagogin.

Die Erzählfreundschaft ist ein langfristig angelegtes Angebot und soll nicht nur in Zeiten einer Pandemie gelten. „Die letzten Kontakt- und Besuchsverbote haben gezeigt, wie wichtig soziale und gesellschaftliche Teilhabe für Seniorinnen und Senioren ist, erhalten sie doch die gesundheitliche Stabilität“, sagt Santos Sáez.

 

Gegen Alleinsein aufgrund eingeschränkter Mobilität

 

Die Einladung richtet sich unabhängig vom Alter ebenso an Menschen, die schlecht zu Fuß sind, sich unsicher am Rollator fühlen oder im Rollstuhl sitzen. Die Erzählfreundschaft bietet die Möglichkeit, auch zu Hause in Austausch zu treten und Freundschaften zu schließen.

„Bisher wurden zwei Freundschaften geschlossen. Diese Freundschaften treffen sich nun auch. Ich wünsche ihnen, dass es ein dauerhafter Kontakt bleibt“, sagt die Projekt-Leiterin. Sie vermittelt die geschulten freiwillig Engagierten als Gesprächspartner für die Interessierten.

 

Neuigkeiten aus Stadt und Dorf

 

Über die Gespräche sagt sie: „Geredet wird über Gott und die Welt, über Neuigkeiten aus der Ortschaft. Das soll auch das Ziel sein. In den Erstgesprächen bei uns und in den Schulungen wird die Abgrenzung zur Telefonseelsorge betont.“

Mit „Muna“ werde die Vereinsamung von Menschen im Ort ein Thema. Einsamkeit habe es auch schon vor der Pandemie gegeben, sagt die Pädagogin. Corona habe sie vielleicht verstärkt. „Auf jeden Fall ist sie nun sichtbarer geworden. Es wird nun mehr über das unfreiwillige Alleinsein und seine Auswirkungen diskutiert“, sagt Santos Sáez.

 

Einsamkeit für Senioren oft ein Tabu-Thema

 

Einsamkeit sei für viele Seniorinnen und Senioren allerdings noch ein Tabu-Thema. „Wer gibt gern zu, dass er allein ist? Doch was tun, wenn familiäre und soziale Bindungen wegfallen?“, macht die Projektleiterin auf das grundlegende Problem aufmerksam.

Sie wünscht sich eine aktive Gemeinde, die alle in den Blick nimmt, und einen fürsorglichen Umgang untereinander. Schließlich könne „Alters-Isolation neben den Auswirkungen auf der sozialen Ebene auch physische und psychische Krankheiten hervorrufen, wie Bluthochdruck, Schlafprobleme, Ängste, Depressionen bis hin zur Demenz“.

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