Neues Projekt: Mittagstisch für alle im Pfarrheim

Gegen Einsamkeit: Donnerstags bitten Lohner Gemeinden alle zu Tisch

  • Die katholische St.-Gertrud-Pfarrei und die evangelische St.-Michael-Gemeinde laden einmal in der Woche zu einem offenen Mittagessen ein.
  • Das Angebot versteht sich ausdrücklich nicht als „Suppenküche“.
  • Vielmehr will es Miteinander fördern und Einsamkeit und Isolation bekämpfen.

Anzeige

„Es ist ja schön, dass man hier mal ein bisschen zusammen sein kann“, sagt der Mann, der um kurz vor 12 Uhr darauf wartet, dass es losgeht. Vor ihm an seinem Platz liegen Serviette und Besteck bereit. Die anderen am Tisch, allesamt Senioren, nicken, als der 89-Jährige anfügt: „Vielleicht lernt man hier auch noch ein paar nette Leute kennen.“

Dass das Essen nur drei Euro kostet, sei zwar auch ganz schön, sagt der pensionierte Lehrer. Aber darauf kommt es ihm nicht so sehr an. „Ich würde auch mehr bezahlen. Denn das Angebot an sich ist wichtig. Und das möchte ich auch wohl unterstützen.“

Zu Beginn sprechen alle ein Tischgebet

Diakon Franz-Josef Kröger (Foto) und der evangelische Pfarrer Christina Jaeger haben das Projekt auf den Weg gebracht. | Foto: Michael Rottmann
Diakon Franz-Josef Kröger (Foto) und der evangelische Pfarrer Christian Jaeger haben das Projekt auf den Weg gebracht. | Foto: Michael Rottmann

„Ich bin allein. Meine Frau wohnt im Heim“, meint sein Sitznachbar und erklärt: „Ich kann vieles, aber ich kann nicht kochen, auch wenn ich immer noch satt geworden bin“, ergänzt der 80-Jährige lächelnd. „Und als ich von dem Mittagessen gelesen habe, habe ich mir gedacht: Das probiere ich mal aus.“ Auch, um mittags nicht immer allein vor seinem Teller zu sitzen. Die Frau ihm gegenüber lächelt. „Und ich hatte heute einfach keine Lust zu kochen“, gibt sie freimütig zu. Was es genau gibt, wisse sie noch nicht. Nur, dass es etwas Vegetarisches sein solle.

Als kurz darauf alle Plätze besetzt sind, begrüßt Pfarrer Rudolf Büscher die ersten Gäste des neuen Angebots, das die evangelische und die katholische Gemeinde im oldenburgischen Lohne (Kreis Vechta) gemeinsam mit der Gemeindecaritas ab sofort jede Woche organisieren: ein offenes gemeinsames Mittagessen für alle, immer donnerstags im Pfarrheim bei der Lohner St.-Josef-Kirche.

20 Gäste bei der Premiere

Zwanzig Gäste haben sich zur Premiere angemeldet. „Ich hoffe, dass sich das noch weiter herumspricht“, sagt der Pfarrer und beginnt das gemeinsame Essen mit einem Tischgebet. Anschließend können alle Gäste nacheinander zur Essensausgabe kommen.

Drei Ehrenamtliche, zwei Frauen und ein Mann, füllen ihnen die Teller aus den Töpfen, die die Küche des Lohner Krankenhauses für das Mittagessen zubereitet hat. Heute duftet es nach Kartoffelpüree und Pilzgulasch. Dazu gibt es Krautsalat, auch Nachtisch steht bereit.

Wo Gemeinschaft entsteht

Rund 20 Gäste waren der Premiere im Pfarrheim dabei. | Foto: Michael Rottmann
Rund 20 Gäste waren bei der Premiere im Pfarrheim dabei. | Foto: Michael Rottmann

Schon ein paar Minuten später sind alle Gäste ins Essen vertieft. Einige unterhalten sich nebenbei. Eine Szene, genauso, wie sie sich die Organisatoren vorgestellt haben: ein gemeinsamer Mittagstisch für alle, wo Miteinander und Gemeinschaft entstehen.

„Alle sollen kommen können“, sagt Franz-Josef Kröger, Ständiger Diakon in Lohne. Als Vorsitzender des Caritas-Ausschusses der St.-Gertrud-Pfarrei hat er den Auftakt maßgeblich mit organisiert. Der evangelische Pfarrer Christian Jaeger hatte den Anstoß zu dem ökumenischen Angebot gegeben.

Günstig, um niemanden auszuschließen

„Für alle“ – das bedeutet auch, dass sich niemand wegen des Preises ausgeschlossen fühlen soll. Deshalb ist das Essen mit drei Euro sehr günstig. Ein Kostenbeitrag, der so niedrig nur möglich ist, weil er subventioniert wird – damit es sich jeder leisten kann.

Auf eine Klarstellung legt Franz-Josef Kröger allerdings besonderen Wert: „Das ist hier keine Suppenküche!“, betont er. „In erster Linie geht es um Gemeinschaft. Wir wollten ein Angebot schaffen, wo Menschen gemeinsam essen können“, sagt er. Auch, als Möglichkeit, etwas gegen Einsamkeit zu tun. Die sei gewachsen, etwa wegen Corona. „Da sind ja viele Menschen nicht mehr aus dem Haus gekommen. Und da kann das hier ein Weg sein, ihnen zu helfen.“

Menschen aus Einsamkeit holen

Pfarrer Rudolf Büscher ist Leitender Pfarrer in Lohne St. Gertrud. Er hat die Gäste beim ersten Mittagessen begrüßt. | Foto: Michael Rottmann
Pfarrer Rudolf Büscher ist Leitender Pfarrer in St. Gertrud Lohne. Er hat die Gäste beim ersten Mittagessen begrüßt. | Foto: Michael Rottmann

Wer teilnehmen möchte, muss sich immer bis dienstags nachmittags im Pfarrbüro der St.-Gertrud-Pfarrei angemeldet haben. Das Projekt soll sich dauerhaft etablieren. Auch, dass jedes Mal mindestens ein Seelsorger dabei ist. „Wir wollen bereitstehen, falls Menschen über persönliche Krisen sprechen möchten“, erklärt Diakon Kröger.

Ein Team von rund 20 Ehrenamtlichen hat sich den Dienst in der Küche untereinander aufgeteilt. Menschen wie Paul Seelhorst. „Viele Menschen sind heute isoliert“, sagt der 67-jährige Rentner. Auch ihn treibt dabei der Wunsch an, einsamen Menschen zu helfen. „Besonders für Alleinstehende ist das ein sehr großes Problem. Und das hier ist ein Versuch, Menschen aus dieser Isolation herauszuholen.“

Anzeige