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Das Grab eines Missbrauchspriesters im sächsischen Heidenau soll eingeebnet werden. Die Pfarrei in Heidenau will die Fälle rund um ihren früheren Pfarrer aufarbeiten. Teil des Prozesses soll sein, das Grab einzuebnen - „nicht reißerisch, aber auch nicht heimlich“.
Das Grab eines Missbrauchspriesters im sächsischen Heidenau soll eingeebnet werden. „Wir wollen mit der Gemeinde zusammen die Missbrauchsfälle um Pfarrer Herbert Jungnitsch aufarbeiten und auf diesem Weg zu einem geeigneten Zeitpunkt die Grabstätte einebnen“, erläutert Benno Kirtzel, Gemeindereferent in St. Georg, auf Anfrage: „Es soll weder reißerisch sein noch still und heimlich, sondern eingebettet in einen umfassenden Aufarbeitungsprozess, dem wir uns stellen wollen.“
Jungnitsch (1898-1971) hatte nach dem Zweiten Weltkrieg die Pfarrei in Heidenau aufgebaut und bis zu seinem Tod geprägt. Nach Angaben des Seelsorgerats der Pfarrei sind Fälle sexualisierter und körperlicher Gewalt durch den Pfarrer „an mindestens vier Kindern bis hin zu schwerem sexuellen Missbrauch glaubhaft bekannt“. Der Fall gilt im Bistum Dresden-Meißen als einer der schwerwiegendsten.
Sechs Männer sollen beteiligt gewesen sein
Die „Sächsische Zeitung“ zitiert Betroffene, es seien unter anderem sakrale Gegenstände zum Missbrauch benutzt worden. Auch seien wohl mindestens sechs Männer, alle aus der Gemeinde und teils im Kirchendienst, an den Taten beteiligt gewesen.
Das Bistum Dresden-Meißen informierte im Juli 2010 über mehrere Missbrauchsfälle, unter anderem darüber, „dass ein 1971 verstorbener Pfarrer offensichtlich verbrecherische Handlungen an Mädchen begangen und ihnen damit schweren seelischen Schaden zugefügt hat“.
Bisher keine Aufarbeitung in und mit der Pfarrei
Eine Aufarbeitung der Fälle in und mit der Pfarrei fand bislang jedoch nicht statt. Sie wurde im vergangenen Jahr auf Initiative Kirtzels angestoßen, der neu als Gemeindereferent nach Heidenau gewechselt war. Zuvor hatte er am Lehrstuhl der Erfurter Kirchenrechtlerin Myriam Wijlens eine Seminarreihe zum sexuellen Missbrauch in Institutionen mitbetreut.
Geplant ist nun zunächst ein Gemeindeabend im Juni, bei dem der Generalvikar und der Justiziar des Bistums die Faktenlage erläutern sollen. „In der Gemeinde gibt es auch Stimmen, die Jungnitsch immer noch sehr positiv sehen und die Vorwürfe anzweifeln“, so Kirtzel.
„Gemeinde muss sich der Geschichte stellen“
Er betonte, die Aufarbeitung von Missbrauchsfällen dürfe nicht auf die juristische und finanzielle Ebene reduziert werden. Die gesamte Gemeinde müsse sich ihrer Geschichte stellen. Opfer dürften nicht das Gefühl haben, sich mit ihrem Leid verstecken zu müssen: „Wir haben es uns nicht ausgesucht, dass der Missbrauch hier passiert. Aber wir können uns aussuchen, wie wir damit umgehen.“