Anzeige
Die Hilfsbereitschaft für Geflüchtete aus der Ukraine ist enorm und hat Respekt verdient. Nicht jeder Haushalt kann jedoch Menschen aus dem Kriegsgebiet in seinem Heim aufnehmen. Die Rahmenbedingungen müssen stimmen, erklärt Redakteur Michael Rottmann in seinem Kommentar.
Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht – mich jedenfalls erfüllt die Hilfsbereitschaft für geflüchtete Menschen aus der Ukraine mit großer Freude. Weil sie beispielhaft zeigt, dass wir – ähnlich wie 2015 – parat stehen und dass auf uns Verlass ist, wenn es drauf ankommt. Auf einzelne ebenso wie auf spontane Initiativen, auch unter dem Dach der Kirche. Da werden Pakete gepackt, da wird leerstehender Wohnraum organisiert oder Kinderspielzeug gesammelt. Persönlich, konkret und einfach nur großartig!
Doch nicht alles gut Gemeinte ist auch gut und sinnvoll. Zum Beispiel, wenn Einzelne oder Familien in großer Selbstlosigkeit und Opferbereitschaft Menschen in Not bei sich zu Hause aufnehmen möchten, ohne mögliche Konsequenzen gründlich abzuwägen – für die Gäste und für sich selbst.
Hilfe für traumatisierte Menschen
Bei dieser Art Hilfe geht es eben nicht einfach nur darum, eine nette WG auf Zeit zu gründen. Wer sein Haus und sein Herz öffnet, lässt sich auf etwas deutlich Größeres ein. Es geht um Hilfe für traumatisierte Menschen, die alles hinter sich gelassen haben, die nicht weiterwissen. Das wirkt sich aus auf das Zusammenleben, und darüber sollten sich alle im Klaren sein, die auf diese Art einen Beitrag leisten wollen.
Schon jetzt berichten Caritas-Experten von überforderten Gastgebern. Damit ist letztlich niemandem geholfen, im Gegenteil. Deshalb brauchen Schutzsuchende wie Helfer fachkundige Begleitung, zum Beispiel durch lokale Hilfsinitiativen mit Erfahrung. Und auch die räumlichen Voraussetzungen müssen stimmen. Die Caritas rät zum Beispiel dringend ab, wenn es am nötigen Platz fehlt. Ein Zimmer mit gemeinsamer Bad- und Küchennutzung – das ist für eine Mutter mit Kind einfach zu wenig.
Viele Möglichkeiten für Engagement
Und wer nach gründlicher Überlegung zu dem Schluss kommt: „Das kann ich nicht leisten“, der muss deshalb ja nicht untätig bleiben. Es gibt schließlich noch viele andere Möglichkeiten, sich in Projekten der Flüchtlingshilfe und der Willkommenskultur für Geflüchtete zu engagieren. Und die sind ebenso wichtig.