Kirche+Leben-Interview: Priester ist im Kölner Karneval aktiv

Karnevals-Pfarrer Frings: Schunkeln und Haltung zeigen, das geht beides

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In knapp zwei Wochen ist Rosenmontag, die Karnevalssession steuert auf den Höhepunkt zu. Trotz der Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten? Und wie umgehen mit AfD, Rechtsextremen und sonstigen Krisen? Kirche+Leben hat Thomas Frings gefragt. Er ist Regimentspfarrer in zwei Kölner Karnevalsgesellschaften und als Sitzungspräsident im Einsatz.

Herr Pfarrer Frings, Karneval fällt einmal mehr in unruhige Zeiten: Kriege, Haushaltskrise, Bauernproteste, Streiks, wachsender Rechtsextremismus. Wie gehen die Karnevalisten damit um?

Sie können über vieles lachen, aber beziehen auch Stellung. Ich habe in den vergangenen Wochen keine Sitzung erlebt, in der nicht von der Bühne aus jemand eindeutig Position bezogen hat gegen Rechtsextremismus und für die Demokratie. Das hat jedes Mal frenetischen Beifall gegeben. Auch bei den drei Sitzungen der Karnevalsgesellschaft „Die Große von 1823“, wo ich Präsident war. Einmal werde ich das in dieser Session auch noch sein.

Wie nehmen Sie die Büttenreden wahr? Lässt mal jemand einen Witz liegen, um kein Öl ins Feuer zu gießen?

Das sehe ich nicht. Die Lokführer sind kaum Thema, vielleicht mal an den Streiktagen. Der Haushalt kommt nicht im Detail vor, der Streit der Ampel-Parteien und der Bundesregierung natürlich schon. Da wird keine besondere Rücksicht genommen.

1991 fiel der Karneval wegen des Golfkriegs aus, 2022 wegen des Angriffs auf die Ukraine. Der Konflikt zwischen der Hamas und Israel brach vor der Session los, im Oktober. Stand eine Karnevals-Absage zur Diskussion?

Davon habe ich nichts mitbekommen. Die Karnevalisten beziehen aber trotzdem Position. Als vor zwei Jahren der russische Angriffskrieg auf die Ukraine ausbrach, sind hunderttausende Menschen in Köln am Rosenmontag den Zugweg gegangen und haben für die Ukraine demonstriert. Oder als am Tag der Sessionseröffnung am 11. November 2023 antisemitische Rufe laut wurden, haben alle Kölner Karnevals-Traditionskorps Delegationen zur Synagoge geschickt – aus Solidarität und zu deren Schutz.

Also feiern die Jecken wie immer?

Das würde ich so sagen. Man wird immer Gründe finden können, nicht zu feiern. Aber in einem kölschen Lied heißt es: „An den Sorgen schunkeln wir nicht vorbei.“ Das trifft es, finde ich. Wir haben Spaß an der Freud‘, aber: Schunkeln und Position beziehen – das geht beides.

Thomas Frings ist Pfarrer im Ruhestand und hilft in der Seelsorge in der Kölner Innenstadt. Er ist Regimentspfarrer der Karnevalsgesellschaft „Nippeser Bürgerwehr“, Gesellschaftspfarrer der Kölner Karnevalsgesellschaft „Die Große von 1823“ und für letztere auch als Sitzungspräsident tätig. Der Priester des Bistums Münster war früher unter anderem Pfarrer in Münster und Moderator des Priesterrats.

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