Themenwoche „Erstkommunion“ (3)

Mitmachkerzen sind der Renner - zu Gast in der Kerzenmanufaktur Ahlen

  • Zur Erstkommunion-Zeit herrscht Hochbetrieb in der Kerzenmanufaktur der Freckenhorster Werkstätten in Ahlen.
  • Etwa 65 Beschäftigte erfüllen dort Kundenwünsche aus Deutschland, Österreich und der Schweiz.
  • Dabei soll die Werkstatt ein Sprungbrett für die Beschäftigten mit psychischer Beeinträchtigung sein.

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Es liegt etwas in der Luft an der Kruppstraße 32 in Ahlen. Es ist der zarte Honigduft, der in den Produktionshallen der Kerzenmanufaktur der Freckenhorster Werkstätten im Natur- und Gewerbepark Olfetal verströmt. Hier werden mit viel Liebe von Hand geknetete Bienenwachskerzen mit einzigartigen Maserungen nach alter Tradition produziert.

„Jede Kerze ist ein Unikat, eine schöner als die andere“, sagt Markus Holtmann, Leiter der Abteilung, die vor rund zehn Jahren von Münster-Wolbeck in die Industriestadt im Grünen umgezogen ist. Auch heute noch geht von Kerzen aus echtem Bienenwachs ein ganz eigener Zauber aus. Das warme Licht, der unvergleichliche Duft und die feierliche Atmosphäre machen schon eine kleine Kerze zum Mittelpunkt des Raumes.

Vom Teelicht bis zur Osterkerze

Markus Holtmann ist sozusagen Mann der ersten Stunde gewesen, als Ende der 1990er Jahre die vom Caritasverband betriebenen Freckenhorster Werkstätten aufgrund von Problemen in der Altersnachfolge eine Kerzenfabrik in Wolbeck samt Mitarbeitern übernahmen. Fachpersonal lernt auch heute Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen an.

Etwa 65 Beschäftige zumeist aus Ahlen und der näheren Umgebung haben aktuell im Rahmen ihrer beruflichen Rehabilitation in der Zweigstelle Olfe-Service eine Heimat gefunden. Sie haben dort ihren Fähigkeiten entsprechende Arbeitsplätze. Vom Teelicht bis zur Osterkerze: Tag für Tag entstehen Hunderte handgearbeitete Produkte, die später in Wohnräumen, Kirchen und vielen anderen Orten erstrahlen. Besonders nachgefragt sind die 100-prozentigen Bienenwachskerzen gegenüber den 25-prozentigen Produkten mit Paraffin.

Kerzen für den Einzelhandel

Im Vorfeld der Erstkommunionfeiern ist die Nachfrage nach Kerzen naturgemäß groß, oft würden aber auch Taufkerzen nur etwas aufgehübscht, berichtet Holtmann. Zwar heiße es: „Qualität ist, wenn der Kunde wiederkommt und nicht die Ware“, aber das sei bei diesem Anlass oft anders. Interessant sei auch, dass es ein Nord-Süd-Gefälle gebe. Während in unseren Regionen lange, schmale Kerzen bevorzugt würden, liebe man in Süddeutschland eher breitere und kürzere Taufkerzen.

Die Kerzenmanufaktur beliefert hauptsächlich den Einzelhandel in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die Produkte werden an Werkstattläden, Klosterläden, Kerzenfachgeschäfte, Naturkost- und Geschenkartikelläden vertrieben. „Wir sind relativ breit aufgestellt“, so der Zweigstellenleiter. Auf verschiedenen Messen werden das Jahr über die Auftragsbücher gefüllt. Das Hauptgeschäft spielt sich in der zweiten Jahreshälfte ab. „Ab September geht richtig die Post ab“, so Holtmann. Denn was wäre Weihnachten ohne Kerzen? Die Wintersaison beginnt an der Kruppstraße allerdings schon am 5. Januar, damit sich die Lager bis zum Herbst füllen.

Mitmachkerzen erfreuen sich großer Nachfrage

Bevor eine Kerze allerdings im Wohnraum für stimmungsvolles Licht sorgt, steht in der Kerzenwerkstatt jede Menge Arbeit an. Hier findet die Fertigung der Teelichter, Stumpen oder Waben-, Saison- und Stabkerzen statt. In Handarbeit entstehen auch die sogenannten Mitmachkerzen. Die Wachsschalen werden mit bunten Fischen, Sternen, Herzen oder Blüten je nach Anlass befüllt und laden zum aktiven Mitmachen ein, zum Beispiel bei der Erstkommunionfeier oder einer Trauung. Die Mitmachkerzen werden auch in dem kleinen Laden an der Kruppstraße zusammen mit weiteren Eigenprodukten und Produkten aus anderen Werkstätten verkauft.

Die Wachse für die Kerzen kommen aus verschiedenen Teilen der Welt. Sie werden von einem Importeur aufbereitet, bevor sie in der Ahlener Kerzenmanufaktur weiterverarbeitet werden. Ohne vorherige Erwärmung lässt sich das Wachs nicht formen. In einer Presse wird er samt Docht zu einem Strang geformt, bevor die Handarbeit beginnt. Der Daumen ist das wichtigste Werkzeug, mit dem die typische Marmorierung entsteht. Danach wird die Oberfläche geglättet, damit die Kerze ihre endgültige Form erhält. Die wunderschöne Marmorierung kommt so zum Vorschein. Der lange Strang wird zuletzt auf die gewünschten Längen zugeschnitten. Doch damit ist die Arbeit nicht zu Ende. Die Mitarbeiter kümmern sich auch um Verpackung mit der typischen kleinen Biene auf dem Etikett und den Versand.

Werkstatt soll Sprungbrett sein

Wer die Werkstatt in Ahlen besucht, nimmt aber nicht nur den sanften Bienenwachsgeruch wahr, sondern auch die besondere Arbeitsatmosphäre. Ein bisschen kommt es einem vor wie in einer Engelsbäckerei, in der am Ende auch kleine und größere Kunstwerke entstehen. Es geht zum einen darum, die Kundenwünsche zu erfüllen, aber genauso wichtig ist die Teilhabe von Menschen mit einer Behinderung an einer sinnvollen und sozial nachhaltigen Tätigkeit. Diesem Anspruch versuche man gerecht zu werden, betont Markus Holtmann.

Die Werkstatt soll auch ein Sprungbrett für die Beschäftigten auf den allgemeinen Arbeitsmarkt sein. Fünf Integrationsassistenten verstehen sich als Bindeglied zwischen den Werkstätten und interessierten Firmen. Durch Praktika soll ein niedrigschwelliger Einstieg in den ersten Arbeitsmarkt ermöglicht werden. „Raus ins Praktikum für einen (Arbeits-)Tag“, lautet deshalb das Motto am 25. Mai, einem (Aktions-) Tag der Teilhabe der Freckenhorster Werkstätten.

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