Geistliche im Bistum Münster über ihren Dienst zwischen Kirchenfrust und Hoffnung

Priester in dieser Zeit: Wie geht es Ihnen, Pfarrer Hüsing?

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Sie sind in den Gemeinden für viele nach wie vor das offizielle Gesicht der katholischen Kirche: die Priester. Wie gehen sie mit der Kritik um, die sie persönlich abbekommen? Wie erleben sie ihren Dienst zwischen Frust und Hoffnung? Das hat "Kirche-und-Leben.de" Priester im Bistum Münster gefragt und stellt die Ergebnisse an jedem Tag dieser Woche bis Pfingsten vor. Hier sind die Antworten von August Hüsing, Pfarrer in Dorsten.

Wie gehen Sie damit um, Kirchenfrust und -wut ganz persönlich abzubekommen?

Für die Kirche zu stehen, ist aktuell nicht leicht und einfach. Für die Kirche einzustehen mit ihren Verlautbarungen, dem Verhalten mancher Entscheidungsträger ist fast unmöglich. Bei Anrufen freundlich zu bleiben und zu beantworten, wo gefragt wird, wie kann ich aus der Kirche austreten, ist eine Herausforderung. Die Spannung auszuhalten innerhalb der Gottesdienstgemeinde – ein Großteil ist für die Segnung Gleichgeschlechtlicher und geschiedener Wiederverheirateter, ein Teil gegen die Segnung Gleichgeschlechtlicher - ist ebenfalls nicht einfach.

Mir helfen persönliche Aussagen, dass der Kirchenaustritt, das Sich-zurückziehen aus der Gemeinde, nichts mit den Seelsorgerinnen und Seelsorgern oder mit dem Gemeindeleben vor Ort zu tun haben. Mit den Gläubigen mit ihren unterschiedlichen Überzeugungen im Gespräch zu bleiben, ist spannend und wichtig.

Was bedeutet es für Sie, in dieser Zeit Priester zu sein?

Im Gespräch
Pfarrer HüsingAugust Hüsing (63) ist Pfarrer in St. Paulus Dorsten-Hervest, in St. Antonius und Bonifatius Dorsten-Holsterhausen sowie Bezirkspräses der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung Recklinghausen. 1986 wurde er zum Priester geweiht. | Foto: privat

Seel-Sorge wird immer gebraucht. Das Gespräch auf der Straße, die Telefonate, die Besuche in den Altenheimen und im Krankenhaus und auch die punktuellen Hausbesuche tun hoffentlich nicht nur mir gut, sondern auch den anderen. Die Feier der Liturgie und mein Priestersein sollen Hoffnung verbreiten, dass Gott mitgeht, dass Gott da ist und dass am Ende alles gut wird. Das schließt natürlich Einsamkeit, Leid, Krankheit und Tod nicht aus. Es gilt – manchmal mehr, manchmal weniger – etwas auszuhalten in Hoffnung. Und diese Hoffnung ist keine Vertröstung, sondern Motivation und Kraftquelle, etwas anzunehmen und zu handeln.

Was macht Ihnen Hoffnung?

Die Kirche hat eine 2000 jährige Tradition und war schon mehrmals fast am Ende. Dabei geht es nicht um die Kirche, sondern um das Reich Gottes. Gott selbst wird dafür sorgen, dass sein Reich vollendet wird. Wir sind beauftragt dabei mitzuhelfen. Der Heilige Geist wirkt in allen Getauften und darüber hinaus. Wir erleben, dass von „unten“ manches aufbricht und zum Teil auch schon „oben“ angekommen ist. Meine Hoffnung ist, dass dieser Prozess weitergeht und Neues aufbricht, Traditionen weiterentwickelt werden.