Bei Finanzfragen ist Einstimmigkeit nötig – eigentlich

Scheitert der Synodale Weg am Geld? Wie Bischöfe blockieren könnten

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Ob und wie es mit dem Synodalen Weg der katholischen Kirche in Deutschland weitergeht, scheint nun auch eine finanzielle Frage zu sein. Und beim Geld hört bekanntlich die Freundschaft auf. Die katholischen Laien sprechen vor "Wortbruch".

Am 19. und 20. Juni steht in Berlin eine turnusmäßige Sitzung des Ständigen Rats an. Der setzt sich aus allen 27 katholischen Diözesanbischöfen Deutschlands zusammen und hat wegweisende Entscheidungen zu treffen, vor allem finanzieller Art. Im Vorfeld wird von einem drohenden Aus für die Fortsetzung des Reformprozesses Synodaler Weg gemunkelt. In der Bischofskonferenz zeigen sich jedenfalls tiefe Risse, die vielleicht nicht mehr zu kitten sind. Mit unabsehbaren Folgen.

Im Synodalen Weg hatten Bischöfe und Laien in Deutschland als Konsequenz aus den Missbrauchsskandalen seit Dezember 2019 in mehreren Runden Reformen besprochen. Es ging um mehr Kontrolle bischöflicher Macht, um Frauenrechte und einen angemessenen Umgang mit der Vielfalt geschlechtlicher Identitäten. Der Prozess gemeinsamen Beratens und Entscheidens soll über einen Zwischenschritt in Gestalt eines Synodalen Ausschusses 2026 in einen dauerhaften Synodalen Rat münden.

Finanz-Beschluss wurde bereits einmal vertagt

Hochrangige Stellen in Rom haben wiederholt scharfe Kritik geäußert, was auch reformwillige Bischöfe nicht unbeeindruckt lässt. Ein Finanzvotum zu Personal und Sachmitteln für den Synodalen Ausschuss wurde im April vertagt.

Zuständig dafür ist der Verband der Diözesen Deutschlands (VDD), in dem die Bistümer ihre Gemeinschaftsaktivitäten gebündelt haben. Dessen oberstes Beschlussorgan ist personell identisch mit dem Ständigen Rat. Der VDD verfügt über einen Haushalt von derzeit rund 130 Millionen Euro, in den alle Bistümer aus ihrem Kirchensteueraufkommen anteilig einzahlen.

Eigentlich keine große Summe

Finanziell geht es beim Synodalen Ausschuss um keine allzu große Sache. Die Rede ist von einer höheren sechsstelligen Euro-Summe.

Kniffliger ist es da schon, ihn – und noch mehr den Synodalen Rat – so mit dem Kirchenrecht kompatibel einzurichten, dass der Vatikan dem Projekt nicht endgültig einen Riegel vorschiebt. Die 74 Ausschuss-Mitglieder sind benannt, darunter die 27 Diözesanbischöfe – falls sie alle mitmachen.

Finanzbeschlüsse müssen einstimmig fallen

Für die beim Synodalen Weg beschlossenen Schritte gab es jeweils satte Mehrheiten auch unter den Bischöfen. So votierten 88 Prozent von ihnen im September 2022 für die Bildung des Anschlussgremiums Synodaler Ausschuss.

Im VDD müssen Finanzfragen allerdings einstimmig entschieden werden. Das heißt: Ein einziger Abweichler kann Beschlüsse blockieren.

Dies muss man im Hinterkopf haben bei der Lektüre eines Briefes des Regensburger Bischofs Rudolf Voderholzer an seine Mitbrüder von Anfang April. Er schreibt, es sei noch gar nicht klar, „ob der VDD überhaupt Geld für einen synodalen Ausschuss zur Verfügung stellen wird“.

Es soll mehrere Ablehner geben

Als zentrales Lenkungsgremium im VDD fungiert der Verbandsrat. Bei dessen jüngster Sitzung soll es zu einigen Turbulenzen gekommen sein. Berichtet wird unter anderem von einem heftigen Wortgefecht zwischen den Kardinälen Reinhard Marx und Rainer Maria Woelki.

Der Passauer Bischof Stefan Oster, selbst nicht Mitglied dieses Gremiums, soll definitiv mitgeteilt haben, dass er dem Vorhaben nicht zustimmen könne, auch drei weitere Bischöfe würden sich verweigern. Im Verbandsrat habe das den Eindruck erzeugt, dass da jetzt etwas zerbreche. Dennoch hätten die 18 Mitglieder bei einer Gegenstimme und einer Enthaltung der Vollversammlung des VDD den Haushaltsentwurf zur Beschlussfassung empfohlen.

Augsburger Bischof: Kann noch nicht zustimmen

Offiziell bestätigt wird diese Darstellung in Passau nicht, dementiert aber auch nicht. Oster habe nicht vor, sich vor der nächsten Sitzung des Ständigen Rats zu der Debatte öffentlich zu äußern, teilt seine Sprecherin mit. Fast gleichlautend ist die Auskunft aus Regensburg.

Der Augsburger Bischof Bertram Meier spricht von einem Dilemma. Er teile das Anliegen, "Synodalität als Lebensstil der Kirche in Deutschland zu fördern und zu stabilisieren". Zugleich verweist Meier auf römische Vorbehalte und fügt hinzu: "Solange weder die genaue Zielstellung noch die konkreten Kompetenzen des Synodalen Ausschusses geklärt sind, ist der Sachstand dazu für mich noch nicht entscheidungsreif. Das betrifft meine Mitwirkung ebenso wie die Mitfinanzierung des Gremiums."

Diplomatie im Hintergrund

Ob es bis Mitte Juni gelingt, die offenen Fragen so zu klären, dass ein einstimmiger Beschluss möglich wird, lässt sich kaum abschätzen. Hinter den Kulissen soll es intensive diplomatische Aktivitäten geben.

Der Würzburger Bischof Franz Jung hatte dafür geworben, sich notfalls mehr Zeit zu nehmen und auch Rom einzubinden. Aber er ließ offen, ob das gelingen werde. Andere Bischöfe, darunter der Konferenzvorsitzende Georg Bätzing, geben sich demonstrativ überzeugt, es werde schon eine gute Lösung gefunden werden.

Finanzierung am VDD vorbei?

Und wenn nicht? Das Wort einer "Koalition der Willigen" macht die Runde, insbesondere unter Mitgliedern des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK). Die große Mehrheit der deutschen Diözesanbischöfe - genannt werden bis zu 22 - werde sich von der oppositionellen Minderheit nicht blockieren lassen und den Synodalen Ausschuss notfalls am VDD vorbei finanzieren.

Ob das stimmt? Gut möglich, dass auch reformwillige, aber finanziell klamme Bistümer, die mitten in Sparprozessen stecken, diesen Weg nicht mitgehen würden.

"Koalition der Willigen" wäre ein Novum

So oder so wäre eine solche Konstellation ein historisches Novum. Bisher haben es die Bischöfe noch stets vermocht, Differenzen so auszutragen, dass ihre Haushaltsbeschlüsse davon nicht beeinträchtigt wurden.

Misst man indes ihren Willen zum gemeinsamen Handeln am Anteil des VDD-Etats am Gesamtaufkommen der Kirchensteuer, so hat sich dieser in den jüngsten 20 Jahren etwa halbiert. Damals flossen mehr als vier Prozent des Kirchensteueraufkommens an den VDD - inzwischen noch etwa zwei Prozent. Das sagt auch etwas aus.

Raufen sich die Bischöfe nicht doch noch zusammen, drängt sich die Anschlussfrage auf, wer in Deutschland künftig über die Verwendung der Kirchensteuern entscheidet. Da geht es dann um viel mehr als einige hunderttausend Euro für den Synodalen Ausschuss.

Das ZdK forderte von den Bischöfen die Freigabe von Finanzmitteln für vereinbarte Reformen. "Wir erwarten, dass die deutschen Bischöfe den Reformprozess des Synodalen Weges fortsetzen", sagte ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp am Donnerstag. Eine "überwältigende Mehrheit der Bischöfe" habe "für die Synodalen Ausschuss gestimmt. Wortbruch macht die Glaubwürdigkeit kaputt." Offenbar habe das Misstrauen von Vatikan-Vertretern gegen den Synodalen Weg seine Wirkung getan.

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