Themenwoche "Mission heute" (1) - Gespräch mit Norbert Hintersteiner

Was ein Experte für Mission auf den Fidschi-Inseln lernen kann

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Was bedeutet Mission und Missionsarbeit heute? Mit diesem Thema beschäftigen wir uns auf Kirche-und-Leben.de in dieser Woche, bevor am 23. Oktober der Weltmissionssonntag begangen wird. Zum Auftakt sprechen wir mit dem Missions-Experten Norbert Hintersteiner von der Universität Münster.

Ein Forschungsfreisemester hat Professor Norbert Hintersteiner vor einigen Monaten auf die Fidschi-Inseln im Südpazifik geführt. Pünktlich zum Semesterbeginn ist der Leiter des Instituts für Missionswissenschaft und außereuropäische Theologien an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Münster wieder zurück in der Westfalenmetropole.

„Es ist ein Privileg meines Fachs, mehrere Monate im fernen Ozeanien verbringen zu können. Es waren schon viele Missionarinnen und Missionare auf der Inselgruppe, auch die Hiltruper Herz-Jesu-Missionarinnen“, sagt Hintersteiner.

Mission in der Südsee

Das Südsee-Paradies war zu früheren Zeiten ein beliebtes Ziel der christlichen Missionarinnen und Missionare. Rund 60 Prozent der Bewohner sind evangelische Christen, viele davon gehören den Methodisten, den Adventisten und Baptisten an. Etwa zehn Prozent der Inselbewohner sind katholisch. Hinzu kommen Hinduisten und seit einigen Jahren muslimische Einwanderer. Nur noch sehr wenige Menschen gehören den traditionellen melanesischen und polynesischen Religionen an.

„Das Besondere ist, dass gleich mehrere protestantische Gemeinden existieren“, sagt Hintersteiner. So gebe es auf einer Insel fußläufig gleich mehrere evangelische Kirchen unterschiedlicher Richtung. „Eine gegenseitige Abwerbung oder eine Mission untereinander ist üblich.“

Kava-Zeremonie auf Fidschi

Norbert Hintersteiner
Professor Norbert Hintersteiner leitet in Münster das Institut für Missionswissenschaft und außereuropäische Theologien.| Foto: privat

Um Streitereien unter den Gemeinschaften zu vermeiden, nutzen die Fidschianer die Kava-Zeremonie, bei der ein Getränk aus der Kava-Pflanze getrunken wird. „Das stärkt den gesellschaftlichen Zusammenhalt und den sozialen Frieden. Die Zeremonie ist ein Zeichen der Aussöhnung“, erklärt Hintersteiner das Ritual.

Über seinen Aufenthalt und seine Beobachtungen wird der Missionswissenschaftler in seinen Vorlesungen und Seminaren berichten. Sein Institut bearbeitet, wie er sagt, ein Spezialangebot des Studienfachs Theologie. Missionswissenschaft gehört nicht zum Pflichtpensum eines Theologie-Studierenden.

Kleines Institut am Fachbereich Theologie

Die Lehrveranstaltungen sind klein. Etwa 15 Studierende versammeln sich in einem Seminar, das beispielsweise einen Titel trägt wie „Verliebt in den Islam, an Jesus glaubend“.

Seit neun Jahren leitet der gebürtige Österreicher das Institut, das bundesweit älteste seiner Art. Der katholische Theologe Joseph Schmidlin leistete 1914 Pionierarbeit, als er die katholische Missionswissenschaft in Münster institutionalisierte.

Interkulturelle Gespräche werden wichtiger

Seit einiger Zeit trägt das Institut den Zusatz „außereuropäische Theologien“ und wird ökumenisch verstanden. Hintersteiner bemüht sich um eine ökumenische Missionswissenschaft, die das weltweite Christentum, die anderen Religionen und das interkulturelle Gespräch in den Blick nimmt.

In den letzten Jahrzehnten entwickelte sich ein selbstkritisches Verständnis von Mission, ohne die Rede von „Missio ad gentes“ – „Die Mission gelangt zu den Völkern“ – aufzugeben.

Wandel des Missions-Begriffs

Eine Palmen-Allee führt zum Priesterseminar auf Fidschi.
Eine Palmen-Allee führt zum Priesterseminar auf Fidschi. | Foto: privat

„Die Mission befindet sich mitten unter den heute so vielfältigen Menschen und ihren Situationen“, sagt Hintersteiner. Er hat dem Motto eine andere Überzeugung hinzugefügt, die lautet: „Missio inter gentes“ (Mission unter den Völkern). Die Völker fänden sich mit ihrem Wissen an Wahrheiten und Religionsansprüchen in einem Austausch des wechselseitigen Zeugnisses.

Der 59-jährige Institutsleiter tritt dafür ein, die Diskussion über Mission zu öffnen. Christentum und Islam sowie Hinduismus und Buddhismus sollten hinsichtlich ihres Missionsverständnisses und ihrem Beitrag zu globalen brennenden Fragen am Institut besprochen werden. „Es geht um das Nachdenken über globale und interkulturelle Theologien.“

Vorlesungen und Exkursionen

Durch Globalisierung und weltweite Migration seien die Theologien, Religionen und Kulturen heute mehr denn je herausgefordert, sich in Begegnung und Dialog um ein wechselseitiges Verstehen des religiös und theologisch Anderen zu bemühen.

Seine Studierenden möchte Hintersteiner dafür begeistern, andere Kulturen und Denkweisen kennenzulernen. Das soll nicht nur durch das Hören von Vorlesungen geschehen. Das Institut bereitet für 2023 zwei Exkursionen vor: Eine führt in die Länder Westafrikas, unter anderem nach Ghana, eine andere nach Syrien zu Klöstern bei Damaskus.

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