Katholische Bildungswerk vergibt Parzellen an Gruppen, Familien und Einzelne

Wie ein Gartenprojekt in Friesoythe Kulturen zusammenbringt

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Männer aus dem Irak und dem Sudan, eine Familie aus Griechenland, Frauen aus der Ukraine, eine Krankenschwester oder Schulkinder aus dem Ort – ein ganz besonderes Gartenprojekt des Katholischen Bildungswerks im oldenburgischen Friesoythe (Kreis Cloppenburg) führt sie zusammen. Das ist eines der Ziele, aber nicht das einzige.

„Die kleinen Kuhlen zum Beispiel finde ich ganz spannend!“ Katja Tholen-Schrameyer zeigt auf drei Männer bei einer Gartenparzelle nebenan. „Sie pflanzen alles in solche Vertiefungen, damit der Regen sich darin sammeln kann.“ Abbas Omar, Abbas Alhaboubi und Abazar Babiker schauen herüber. „Wie geht’s?“, rufen sie lächelnd. „Gut. Und Ihr seid immer schön fleißig?“, antwortet Katja Tholen-Schrameyer. Die Männer nicken fröhlich.

Vor dem Spätdienst im Oldenburger Hospiz St. Peter kommt die Krankenschwester regelmäßig kurz vorbei. Mit dem Fahrrad sind es nur zwei Minuten. „Ich liebe Blumen, habe aber keinen Garten.“ Jetzt freut sie sich darauf, dass bald Gladiolen und andere Sommerblumen blühen.

22 Parzellen auf 1500 Quadratmetern

Katja Tholen-Schrameyer arbeitet im Hospiz St. Peter in Oldenburg. Sie hat selbst keinen Garten und freut sich über die Möglichkeit, auf ihrer Parzelle Blumen zu säen. | Foto: Michael Rottmann
Katja Tholen-Schrameyer arbeitet im Hospiz St. Peter in Oldenburg. Sie hat selbst keinen Garten und freut sich über die Möglichkeit, auf ihrer Parzelle Blumen zu säen. | Foto: Michael Rottmann

Von Anfang an war Katja Tholen-Schrameyer von der Idee begeistert: ein interkulturelles Gartenprojekt. Und zwar nicht etwa in einem hippen Bezirk in Berlin oder Köln, sondern am Ortsrand des Friesoyther Ortsteils Altenoythe, mitten im ländlichen Südoldenburg. Wo Menschen unterschiedlicher Herkunft und Kultur direkt nebeneinander säen, pflanzen und ernten können.

Landwirt Jan Wreesmann hat die Idee gemeinsam mit Nicola Fuhler, der Leiterin des Katholischen Bildungswerks Friesoythe, entwickelt. Er stellte dafür 1500 Quadratmeter Land neben seiner Hofeinfahrt zur Verfügung. „Ich hatte mich schon länger mit dem Thema ‚Interkulturelle Gärten‘ auseinandergesetzt“, erklärt der 41-Jährige, der nach dem Studium für ein Freiwilligenprojekt in Afrika im Einsatz war. Inklusion, Integration – solche Themen seien ihm wichtig, sagt er.

Projekt dauert von April bis November

Bildungswerk-Leiterin Nicola Fuhler hat das Garten Projekt gemeinsam mit Landwirt Jan Wreesmann auf den Weg gebracht. | Foto: Michael Rottmann
Bildungswerk-Leiterin Nicola Fuhler hat das Garten-Projekt gemeinsam mit Landwirt Jan Wreesmann auf den Weg gebracht. | Foto: Michael Rottmann

Seit April und noch bis November bewirtschaften Familien, Gruppen und Einzelne nun insgesamt 18 Parzellen, vier sind derzeit noch frei. „Ich bin vorher mit dem Grubber durchgefahren und habe die Parzellen ausgemessen“, erklärt Landwirt Wreesmann. Geld wolle er damit nicht verdienen. „Für mich ist es mein diesjähriger Beitrag für die Geflüchtetenhilfe“, sagt er.

Also auch für Menschen wie Abbas Omar und Abbas Alhaboubi aus dem Irak und Abazar Babiker aus dem Sudan. Sie leben mit ihren Familien in einem Wohnheim für Geflüchtete in der Nähe. Ihre Kinder besuchen die Schule. Sie selbst warten auf ihre Arbeitserlaubnis und kommen täglich. Stolz zeigen sie auf Paprika, Dill, Gurken und ein Orangen- und ein Zitronenbäumchen.

Wer kann, beteiligt sich mit 20 Euro an den Kosten

Landwirt Jan Wreesman leitet den Hof „Gut Altenoythe“ und hat für das interkulturelle Projekt das Land zur Verfügung gestellt und vorbereitet. Für ihn ist das Ganze sein diesjähriger Beitrag zur Geflüchtetenhilfe. | Foto: Michael Rottmann
Landwirt Jan Wreesman leitet den Hof „Gut Altenoythe“ und hat für das interkulturelle Projekt das Land zur Verfügung gestellt und vorbereitet. Für ihn ist das Ganze sein diesjähriger Beitrag zur Geflüchtetenhilfe. | Foto: Michael Rottmann

Wer kann, beteiligt sich mit 20 Euro im Monat an den Kosten des Projekts. Das Bildungswerk verwaltet alles. Von dem Geld werden zum Beispiel Materialien oder Informationsveranstaltungen zu Themen wie Gemüseanbau oder Kräuterkunde bezahlt. Oder Sitzmöglichkeiten auf der Gemeinschaftsfläche, um dort miteinander ins Gespräch zu kommen. Nicola Fuhler nickt. „Wir brauchen unbedingt eine Bank hier.“

Morgens kümmern sich oft Kinder aus Schulklassen um ihre Parzelle. „Die Gärten eignen sich gut, um unseren Kindern zum Beispiel das Thema Ernährung näherzubringen“, erklärt Anna-Lena Brake von der nahen Sophie-Scholl-Schule, einer Tagesbildungsstätte für Kinder mit Beeinträchtigung.

Auch ukrainische Frauen machen mit

Anna-Lena Brake kommt regelmäßig mit Kindern und Jugendliche der Tagesbildungsstätte Sophie-Scholl-Schule zum Gärtnern. Sie ist dort pädagogische Mitarbeiterin. | Foto: Michael Rottmann
Anna-Lena Brake kommt regelmäßig mit Kindern und Jugendlichen der Tagesbildungsstätte Sophie-Scholl-Schule zum Gärtnern. Sie ist dort pädagogische Mitarbeiterin. | Foto: Michael Rottmann

Auch für einige der geflüchteten Frauen aus der Ukraine im Ort sei das Projekt mittlerweile ein wichtiger Ort geworden, sagt Nicola Fuhler. Gerade kommt sie aus einem Bildungswerk-Spielkreis mit ukrainischen Müttern und Kindern. „Natürlich wollen alle am liebsten nach Hause. Aber ich höre jetzt auch von einigen, deren Häuser zerstört sind und die hoffen, dass sie ihren Mann nachholen können, weil sie noch nicht wissen, wohin sie irgendwann gehen können.“ Für sie seien solche Projekte ebenso wichtig wie für die Männer aus dem Flüchtlingswohnheim. „Den ganzen Tag in einer Wohnung, das ist eine Katastrophe“, sagt die Sozialpädagogin.

Katja Tholen-Schrameyer jätet derweil weiter rund um ihre Blumen. Und sie hat einen Plan für das nächste Jahr. Dann wird sie ihre Pflanzen auch in kleine Vertiefungen setzen. So wie sie es außer bei den Männern aus dem Sudan und dem Irak auch bei der griechischen Familie auf einer Parzelle nebenan gesehen hat.

Stichwort: Interkulturelle Gärten
Die Idee Internationaler oder Interkultureller Gartenprojekte kam Anfang der 1990er Jahre in Weltstädten wie New York City, Tokio oder Buenos Aires auf. Solche Gärten verstanden sich als Beitrag zu Völkerverständigung und Integration durch gemeinsames Gärtnern und Freizeitgestaltung. Als Orte der Begegnung sollen sie dazu beitragen, Menschen miteinander in Kontakt zu bringen. Der erste Interkulturelle Garten dieser Art in Deutschland entstand 1996 in Göttingen. Das Projekt im Friesoyther Ortsteil Altenoythe ist zunächst für ein Jahr geplant. Die Beteiligten wollen im Herbst sehen, ob und wie es fortgeführt werden kann.

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